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„Die Anforderungen an das Lehrpersonal sind in den letzten Jahren ungemein gestiegen“

7 Ottobre 2022

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„Die Anforderungen an das Lehrpersonal sind in den letzten Jahren ungemein gestiegen“

Petra Nock ist die Vorsitzende der Südtiroler Schulgewerkschaft SSG im ASGB. Wir haben uns mit ihr über den Lehrerberuf, die Rolle und Begleitung der QuereinsteigerInnen an Schulen, die Differenzen zwischen der Landesschule und Schulen Staatlicher Art und den Vertragsverhandlungen mit der öffentlichen Delegation unterhalten.

Frau Nock, man hört immer wieder, dass an Südtiroler Schulen sämtliche Lehrpersonen der verschiedensten Fächer fehlen und deshalb Quereinsteiger ohne Lehrbefähigung, manchmal sogar ohne Studientitel eingestellt werden müssen. Einst sagte man, der Beruf des Lehrers, der Lehrerin sei eine Berufung. Ist dieser Beruf heute nicht mehr attraktiv?
Die Anforderungen an das Lehrpersonal sind in den letzten Jahren ungemein gestiegen, was man im Gegenzug von den Gehältern nicht behaupten kann. So steht eine mehrjährige und komplexe universitäre Ausbildung in keiner Relation zur effektiven Vergütung. Es ist mittlerweile durch mehrere Studien, die aktuellste ist die OECD-Studie, belegt, dass das Lehrpersonal in Italien, das europaweit am schlechtesten bezahlte ist.
Aus diesen Gründen entscheiden sich jene, welche sich berufen fühlen, entweder im naheliegenden Ausland zu unterrichten bzw. gänzlich gegen diesen Beruf.
Durch diese Entwicklung kommt es allgemein, aber nun auch in Südtirol deutlich spürbar, zum Lehrermangel.

Werden QuereinsteigerInnen beziehungsweise Personen ohne Ausbildung an den jeweiligen Schulen entsprechend begleitet, um den didaktisch-pädagogischen Herausforderungen gerecht zu werden?
Es gibt speziell für Neu- und Quereinsteiger rechtlich verbriefte Begleitung und Maßnahmen. Diese Regelungen, ich spreche hier sowohl von Probezeiten mit Tutoring und Fortbildungsangeboten als auch Berufseingangsphasen, haben zum Ziel, evtl. für das Unterrichten ungeeignetes Personal bereits in den Anfängen ausfindig zu machen bzw. Schwachstellen der einzelnen Lehrpersonen durch gezielte Fortbildung auszumerzen.
Lehren ist mit einem lebenslangen Lernprozess verbunden und daher ist dieses Angebot speziell zu Anfang einer beruflichen Karriere von großer Bedeutung.

Es gibt nach wie vor Unterschiede zwischen Lehrpersonen der Landesschulen und jenen der Staatsschulen. Unterschiedliche Entlohnung, aber auch unterschiedliche Vertragsbedingungen. So manche Lehrperson möchte von der Landesschule in die Staatsschule wechseln und umgekehrt. Wie steht die SSG dazu?
De facto unterscheiden sich die Verträge für die Lehrpersonen des Landes und jene des Staates in normativen und ökonomischen Belangen.
Der wesentlichste Unterschied im normativen Bereich dürfte in der Regelung der Arbeitszeit liegen: während wir an den Landesschulen von einem Jahresstundenkontingent sprechen, gibt es an Schulen staatlicher Art eine wöchentliche Verpflichtung, welche allerdings nach oben (im Sinne eines maximalen Jahreskontingentes) nicht gedeckelt ist. Hier gibt es auf beiden Seiten kritische Aspekte.
Die Lohnentwicklungen sind unterschiedlich und das Lehrpersonal des Staates erhält – aufgrund unterschiedlicher Lohnelemente und deren Berücksichtigung z.B. bei der Berechnung der Abfertigung (für Lehrpersonen des Landes wird die Landeszulage bei der Berechnung der Abfertigung nicht berücksichtigt) – weniger Geld. Es gibt noch mehrere Institute, die bei den Landeslehrern vorteilhafter sind.
Als SSG würden wir z.B. die zweijährigen Vorrückungen (mit der Einführung des neuen Lohnmodells allerdings zu beobachten) und den sofortigen Beginn der ökonomischen Karriere mit Aufnahme der Tätigkeit (Lehrpersonen des Staates werden erst nach Aufnahme in die Stammrolle eingestuft) begrüßen. Die Berücksichtigung aller Lohnelemente für die Berechnung der Abfertigung ist ein nicht unwesentlicher Punkt, der für einen Wechsel zum Landesmodell sprechen würde.
Um für die Schulen in Südtirol ein attraktives normatives Gefüge zu schaffen, sollte man beide Verträge durchgehen und etwas Neues daraus machen.
Gerade in einer Zeit, in der die Schule unter dem Fachkräftemangel leidet, sind attraktive Vertragsbedingungen und Lohnmodelle notwendig.

Wie sind die Vertragsverhandlungen mit der öffentlichen Delegation verlaufen? Sind Sie zufrieden?
Die Vertragsverhandlungen, in denen es zunächst einmal um die annähernde Gleichbehandlung des Lehrpersonals der Schulen staatlicher Art mit jenem des Landes geht, verliefen bisher äußerst schleppend. Zum einen ist dies dadurch begründet, als dass die Verhandlungsdelegation im Auftrag der Politik für eine partielle Angleichung der Lohnelemente Änderungen in normativen Teilen einfordert, welche wir als Gewerkschaftsvertreter z.T. nicht eingehen können, da sie sehr komplexe Bereiche wie die Arbeitszeit betreffen. Nachdem die Verhandlungsdelegation keine eigenständigen Entscheidungen trifft und immer Rücksprache mit den politischen Vertretern hält, verlangsamt sich der gesamte Prozess.
Um einen totalen Abbruch zu vermeiden, haben wir Gewerkschaften uns direkt an Landesrat Achammer gewandt, welcher nun selbst den Gesprächen beiwohnt und sich für eine gemeinsame und rasche Lösung einsetzt. Seine Aufgabe wird es sein, der Landesregierung und seinen beiden Amtskollegen, von welchen wir noch keine Stellungnahme erhalten haben, die Problematik zu erklären. Wir hoffen auf einen baldigen Abschluss eines ersten Teilvertrages!