Der „weltliche“ Seelsorger

Nachruf von Claudio Calabrese

Heute hat mich die Nachricht erreicht, dass mein Freund und Mentor, Martyrius Kollmann diese Welt verlassen hat. Martyrius Kollmann war in Meran kein unbekanntes Blatt. Jahrelang leitete er eine Immobilen-Agentur unter den Meraner Wasserlauben, wo einst das Kaufhaus „Standa“ untergebracht war. Ich erinnere mich noch, als ich damals während der Sommermonate der ersten Neunzigerjahre in Dr. Kollmanns Büro kleine Büroarbeiten erledigen durfte. Damals war das noch nicht so üblich, wie heute. Ich durfte mit der Schreibmaschine Briefe, Kauf- und Mietverträge zu Papier bringen, Kunden empfangen und mich mit der komplexen Materie des Sachenrechts auseinandersetzen. Dr. Kollmann war Immobilienmakler, vielmehr war er aber ein Seelsorger, wenn auch ein „weltlicher“. So oft kamen Personen verschiedensten Alters, häufig mittellose Menschen ins Meraner Büro und baten um Hilfe. Martyrius stand allen mit Rat und Tat zur Seite. Er sah dies als seine Lebensaufgabe. Er hatte in jungen Jahren Theologie studiert und eigentlich wäre er für das Priesterleben bestimmt gewesen. Dann sollte es aber anders kommen, er heiratete und wurde Vater von sieben tüchtigen Kindern. Seinen Prinzipien blieb er immer treu, immer hielt er sich an jene Grundsätze, die heute kaum noch Geltung finden. Nichts scheute mehr als moralischen Relativismus. Die Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils, besonders die Theologie Karl Rahners, wusste er sehr zu schätzen.
Jahre später, als er erfuhr, dass ich katholische Theologie studiert hatte, trafen wir uns mehrmals, um uns über die Kirche und theologische Fragen zu unterhalten. Selbst im hohen Alter wirkte er neugierig und wissbegierig Neues aufzufassen.
In den letzten Jahren wurde es still um diesen aufrechten Mann, der für die Passerstadt stets ein bekanntes Blatt bleiben wird. 
Lieber Martyrius, ruhe in Frieden!

Im Bild: Martyrius Kollmann/c-Privatbesitz Familie Kollmann