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GOETHES ITALIENISCHE REISE. Eine Hommage an ein Land, das es niemals gab

26 Giugno 2020

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GOETHES ITALIENISCHE REISE. Eine Hommage an ein Land, das es niemals gab

27.6. – 26.10.2020

Open House: 26.6., 19 – 22 UHR

Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

Olivenhaine und saftige Orangen, ewige Sonnenstunden und delikater Wein – die Sehnsucht nach dem sorglosen, heiteren Italien ist größer denn je. Dort, so scheint es, kann man dem tristen Arbeitsalltag entfliehen. So ging es wohl auch Johann Wolfgang von Goethe, als er sich im 18. Jahrhundert von Karlsbad aus auf eine „Italienische Reise“ begab. Mit seinem Buch, das er vor mehr als 200 Jahren verfasste, löste er nördlich der Alpen eine Italiensehnsucht aus, die bis heute reicht.

Was Goethe in Italien wahrnahm, war jedoch nur das, was er bereits erwartet hatte: Anstatt der trostlosen Situation in dem politisch zersplitterten Land beschrieb er das heitere, sorgenfreie Land. Wie diese Erwartungen und die herben Erfahrungen in der mediterranen Realität in Konflikt geraten, dem widmet sich die Sonderausstellung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. „Wir bringen das ‚Land, wo die Zitronen blühn‘ nach Innsbruck und hinterfragen zugleich, wie die künstlerische Darstellung und die italienische Wirklichkeit zueinander stehen“, so Direktor Mag. Dr. Peter Assmann. Gezeigt werden u. a. Goethes eigene Zeichnungen, die die Eindrücke des Dichters unmittelbar darstellen, beeindrucke Werke von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein bis Michael Wutky, imposante Skulpturen wie der 1,75 Meter hohe Gipsabguss der „Juno Ludovisi“, Grafiken wie jene von Johann Peter Denifle sowie zeitgenössische Fotografien von Barbara Klemm und Gianni Berengo Gardin.

Italien, ein Land heiterer Idylle

Wie Goethes Reise zeigt, entstand das idealisierte Italien nicht erst mit dem aktuellen Massentourismus. Schon im 18. Jahrhundert war Italien als ein Ziel der Sehnsucht bekannt. Sogar das paradiesisch dargestellte griechische Arkadien, das in der Übermittlung mit seiner eigentlichen Landschaft im Zentrum der Peloponnes weniger zu tun hatte als mit dem fantastischen Bild von Idylle, Hirten und Nymphen, wurde auf Italien umgewälzt. Der römische Dichter Vergil schrieb den Mythos in seinen Hirtengedichten nieder. Gleichzeitig verortete er diese aber in seiner eigenen Heimat in Oberitalien. Italien wurde zum „Arkadien“, zum Sehnsuchts- und Zufluchtsort der Künstler aus dem Norden. Man meinte, hier das echte Arkadien gefunden zu haben. Eher wurde es aber durch künstlerische Darstellungen wie Gedichte oder Bilder kreiert.

Auch Goethe berief sich in seinem Motto „Auch ich in Arkadien“, das seine Reise begleitete, selbst auf diese Legende. Er, der allzu viel beschäftigte Minister, entfloh dem Hof in Weimar, um in Italien als Künstler wieder neue Schaffenskraft zu finden. Im September 1786 zog er los und war mehr als eineinhalb Jahre lang bis nach Neapel und Sizilien unterwegs. Verschriftlicht hat er seine Erfahrungen erst 25 Jahre später – in einem Tagebuch, das keine Reisereportage ist, sondern das Erlebte glättet und harmonisiert.

Von Karlsbad in die „heile Welt“

Goethes Italienische Reise begann im September 1786 in Karlsbad, wo die Weimarer Hautevolee auf Kur weilte. Er selbst wurde sogleich Teil einer Inszenierung, die die gesamte Reise lang anhalten sollte. Zu den wohl bekanntesten dieser Inszenierungen gehört das Gemälde „Goethe in der Campagna“, das in der Ausstellung in jener Version zu sehen ist, die sich jahrzehntelang im Goethe-Haus befunden hat. Von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein geschaffen, wurde es später vielfach kopiert. Sogar Andy Warhol ließ sich davon Jahrhunderte später zu einer Arbeit inspirieren. Allerdings war die Reise nicht nur ein fröhliches Unternehmen, der deutsche Dichter hatte mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Anstatt einen Schnellzug oder Flug zu buchen, musste er damals auf eine Kutsche zurückgreifen. Die holprige Reise auf schlechten Straßen war mühsam und gefährlich, die Übernachtungs-Möglichkeit zweifelhaft. Nicht zuletzt musste auch finanziell vorgesorgt werden. Goethe war in dieser Hinsicht in privilegierter Stellung, da er durch seinen Fürsten mit ausreichend Geld versehen war, und damit – im Gegensatz zu anderen Reisenden seiner Zeit – sein eigener Herr sein konnte. Allerdings gab es in den zahlreichen italienischen Fürstentümern keine einheitliche Währung, weshalb die Münzen ständig gewechselt werden mussten. Über diesen Aufwand beklagte sich Goethe ausdrücklich.

Antike Architektur als Italiens Highlight

Auf unterschiedlichen Reisen machte Goethe drei Mal in Innsbruck Halt: zuerst auf der Italienischen Reise im Jahr 1786, danach 1790 bei zwei weiteren Gelegenheiten, als er seine Fürstin von deren Reise in Venedig abholen musste. Obwohl der Dichter als Sammler von Mineralien ein großes Interesse an der Geologie des Landes hatte, war die Sehnsucht nach Italien zu groß, um länger in Tirol zu verweilen. In Verona lernte er in der Arena erstmals ein antikes Großbauwerk kennen und war von dem antiken Theater, in dem heute Opern aufgeführt werden, beeindruckt. Seit der Renaissance bilden die größte Attraktion Italiens zweifellos die Überreste der Antike. Um die römischen Kunstwerke auch nördlich der Alpen studieren zu können, wurden damals eigene Korkmodelle und Gipsabgüsse prominenter Skulpturen angefertigt, für deren Handel sich ein reger Markt entwickelt hatte. Goethe erwarb selbst einige dieser Gipsabgüsse. Ein 1,75 Meter hoher Gipsabguss der „Juno Ludovisi“, die es dem Dichter besonders angetan hatte, ist in der Ausstellung zu sehen.

Das prominenteste Kunstwerk der Antike war aber die sogenannte „Laokoon-Gruppe“, die 1506 in Rom gefunden worden war. Sie stellt den Todeskampf Laokoons, einem trojanischen Priester in der griechischen und römischen Mythologie, dar, den er mit seinen Söhnen austrägt. Die Erzählung hinter der Skulptur wurde von Gotthold Ephraim Lessing aufgegriffen, um zu thematisieren, wie unterschiedlich der Inhalt in der Dichtung und in der Bildenden Kunst dargestellt werden kann.

Goethes Reise verlief weiter nach Vincenza, wo er die Bauten Palladios studierte, die in ihrer engen Anlehnung an die klassische Antike nicht nur den Reisenden faszinierten. Sie dienten auch als Vorlage für zahlreiche Bauten, mit denen die arkadischen Landschaftsparks im Norden ausgestattet wurden.

Italien durch die Brille der Kunst

Auch als interessierter und unvoreingenommener Beobachter nahm Goethe die Eindrücke dieser Italienischen Reise immer durch die Brille der Kunst wahr. Um den Leserinnen und Lesern seine Eindrücke besser zu vermitteln, bezog er sich immer wieder auf Maler und deren Gemälde, die ihm vergleichbar erschienen. Wichtig waren dabei vor allem niederländische Künstler, die schon im 17. Jahrhundert das Italienbild geprägt hatten. In der Ausstellung ist etwa Michael Wutkys imposantes Gemälde über den Ausbruch des Vesuvs zu sehen, den er so darstellte wie ihn Goethe schilderte. Und das, obwohl zwischen den beiden künstlerischen Arbeiten keine Verbindung besteht.

Rom als Zentrum der Welt

Wichtigstes Ziel der Reise war Rom, das seit der Antike als das Zentrum der Welt verstanden wurde. Dort wurde Goethe rasch in den Kreis der in Italien lebenden deutschsprachigen Künstlerinnen und Künstler aufgenommen. Werke anderer Vertreterinnen und Vertreter, wie Johann Heinrich Wilhelm Tischbein und Philipp Hackert sowie Angelika Kauffmann, werden ebenfalls in der Ausstellung gezeigt. Goethe selbst hatte sich, um keinen öffentlichen Verpflichtungen unterworfen zu sein, ein Pseudonym zugelegt: Er nannte sich „Filippo Möller“. In Rom organisierte Goethe auch ein Konzert, das in der Ausstellung aufgegriffen wird, um sein Verhältnis zur Musik zu streifen. Viele Komponisten nahmen Goethes Gedichte als Vorlage für eigene Werke. Als Beispiel dafür wird in der Ausstellung das Gedicht „An den Mond“, dessen Entstehung mit der Italienreise in Zusammenhang steht, einem Manuskript mit der Vertonung durch Franz Schubert gegenübergestellt.

Die Ausstellung bietet nicht nur die Gelegenheit, Vielfalt und Reichtum der Sammlungen der Tiroler Landesmuseen vor Augen zu führen, sie wird auch von einer Reihe namhafter Museen des In- und Auslandes mit Leihgaben unterstützt und entstand in Zusammenarbeit mit der Klassik Stiftung Weimar.

Ausstellungsarchitektur

Die von „ma.lo architectural office“ konzipierte Ausstellungsgestaltung bietet die Möglichkeit, in Goethes Reiseerfahrung wörtlich einzutauchen. Die Besucherinnen und Besucher schlendern entlang der literarischen Aufbereitung von Goethes Tagebuch, eine grafische Arbeit von „himmel. Studio für Design und Kommunikation“. Die Ausstellungsarchitektur stellt Goethes Stimme den künstlerischen Begegnungen und Ereignissen dieser Reise gegenüber. Die Ausstellung ist in zwei Bereiche gegliedert: Unten transportieren Grautöne und klar abgegrenzte Räume die drückende Atmosphäre Weimars, der Goethe zu entkommen versuchte. Oben öffnen freistehende farbige Wände den Raum und laden zum Flanieren durch Goethes Stimmungsbilder ein. Helligkeit und die Buntheit von Farben und Exponaten rufen somit die Eindrücke von Meer, Sonne und wolkenlosem Himmel hervor – Attribute des Südens, die unsere Sehnsuchtsbilder auch heute noch eindrücklich mit jenen der Goethezeit verbinden. Beide Teile werden durch eine, von Goethes Leidenschaft für die Geologie geprägten, Alpenüberquerung verbunden.

„A Sentimental Landscape“ in Kooperation mit dem Museo Alto Garda

Zusätzlich zur Hauptausstellung im Ferdinandeum findet von 14.7. bis 8.11.2020 die Ausstellung „A Sentimental Landscape“ in Kooperation mit dem Museo Alto Garda in Riva del Garda statt. Goethe erreichte im September 1786 den Gardasee und war sofort von seiner Landschaft fasziniert. Das Ferdinandeum präsentiert Werke aus den eigenen Sammlungen vom Ende des 18. Jahrhunderts bis heute. Die Ausstellung ist auf die Landschaft als künstlerische Gattung fokussiert und erweitert eine vom Museo Alto Garda geführte kritische Auseinandersetzung mit Bildern und Ansichten dieser Region. Goethes Durchreise ist der Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung über das Reisen als Weg zur Selbsterkenntnis und die Landschaft in der Kunst als Teil dieser Suche.

Im Bild: Reinhold Ewald nach Johann Heinrich Wilhelm Tischbein Goethe, Johann Wolfgang von (1749–1832) in der Campagna, 1959 ölhaltige Farben auf Leinengewebe (nicht analaysiert), 167 x 211 cm Klassik Stiftung Weimar, Museen Inv.-Nr. KGe/00556/© Klassik Stiftung Weimar, Museen.