Österreichs Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner legt alle Ämter nieder

Von Claudia von Dzerzawa

Der 61-Jährige war laut Medienberichten zufolge in seiner Partei stark unter Druck geraten. Die konservative ÖVP ist als Juniorpartner zusammen mit den Sozialdemokraten unter Kanzler Christian Kern in einer Koalition. Nun drohen Neuwahlen.

„Ich finde, es ist genug“, so sagte Reinhold Mitterlehner in Wien. Am Wochenende soll die ÖVP nach seinen Aussagen die Nachfolge regeln. Demnach legt er kommenden Montag offiziell seine Funktion als Vizekanzler und Wirtschafts- und Wissenschaftsminister nieder. Sein Schritt ist Selbstschutz für ihn und seine Familie. „So macht das keinen Spaß und keinen Sinn mehr.“ In der derzeitigen Konstellation ist eine konstruktive Regierungsarbeit nicht mehr möglich. Er möchte außerdem kein Platzhalter sein.

Mitterlehner war innerhalb seiner Partei stark in Bedrängnis geraten. Interne Illoyalitäten und Provokationen haben seine Position geschwächt. Als Nachfolger Mitterlehners wird seit langem Außenminister Sebastian Kurz gehandelt. Der 30-Jährige gilt als Nachwuchshoffnung der Konservativen und ist laut Umfragen der beliebteste Politiker des Landes. Kurz erklärte allerdings erst jüngst, dass er die Partei zum derzeitigen Zeitpunkt nicht übernehmen wolle.

Unklar ist, ob der Abgang Mitterlehners nun zu vorgezogenen Neuwahlen vor dem regulären Termin im Herbst 2018 führt. Der sozialdemokratische Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sieht keinen Grund hierfür. Die kommenden Entscheidungen bei der ÖVP könnten eine Chance für das Land und die weitere Regierungsarbeit sein, sagte Kern. „Ich biete der ÖVP und Sebastian Kurz eine Reformpartnerschaft an“, so der 51-Jährige.

Innerhalb der Koalition hatte es zuletzt große Zerwürfnisse gegeben. Innenminister Wolfgang Sobotka von der ÖVP warf erst am Montag Regierungschef Kern ein „Versagen als Kanzler“ vor. „Für Kern ist der Zug abgefahren“, sagte Sobotka der Tageszeitung „Kurier“. Er bezweifle, dass die rot-schwarze Koalition noch große Würfe schaffe. Verantwortlich dafür sei der „Dauerwahlkampf“ Kerns.

Vor kurzem hatte die konservative Volkspartei eine fast 60-seitige Broschüre verfasst, in der vor einer künftigen Zusammenarbeit der Sozialdemokraten und der Grünen gewarnt wird. Kern wird in dem „Manifest“ als Marxist im Sowjet-Stil mit Hammer und Sichel dargestellt. Auch innerhalb der ÖVP sorgte die Broschüre für Unmut. Kern griff das Porträt auf und machte es auf Facebook zu seinem Profilbild. Die SPÖ verkauft nun sogar T-Shirts mit diesem Motiv.

Quelle: https://claudia2902.wordpress.com/2017/05/10/oesterreichs-vizekanzler-und-oevp-chef-reinhold-mitterlehner-legt-alle-aemter-nieder/