Extravaganz: Geschmackvolle Rebellion „Der moderne Dandy ist zurück“

Ein Kommentar von Claudia von Dzerzawa

Der Begriff trat seit Mitte des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts im städtischen Westeuropa, aber besonders Großbritannien auf. Der „echte Dandy“, wie er zu jeder Zeit verstanden wurde, inszenierte sich selbst durch sein snobistisches Auftreten, seine stets elegante Kleidung, sowie den perfekten Manieren eines Gentlemen. Zu jeder Gelegenheit verstand er es diese Erscheinung zu wahren, ob zu gesellschaftlichen oder sportlichen Ereignissen. Körperliche Anstrengungen und Niederungen aber widersprachen dem Lebensstil des Dandy, da er sich zu solch bürgerlichen Tätigkeiten nicht herablassen wollte.
Historisch gesehen, wurde die Erscheinung des Dandyismus begünstigt durch eine Rückbesinnung auf antike Ideale. In der Spätklassik prägte sich ein neues Körperbewusstsein aus, weg vom Biederen. Dies führte dazu, dass es in den Großstädten Englands und später auch auf dem europäischen Festland zu einer modetechnischen Innovation des Herrenanzugs kam. Bis dato waren die Anzüge der Herrschaften hoch geschlossen, weit und überaus körperunbetont gewesen – dies sollte sich nun verändern. Der neue Schnitt betonte die männliche Körperform um Becken und Taille, sowie besonders den Schulterbereich. Auch heute noch findet die Männer- und auch Frauenwelt gefallen an diesem Schnitt.
Im 19. Jahrhundert erfuhr die Strömung einige Weiterentwicklungen durch andere Ästhetizisten, wie auch den irischen Schriftsteller Oscar Wilde.

Dieser pflegte nicht nur einen exzentrischen Lebensstil in der literarischen Szene, sondern hatte durch Zuchthausstrafen für seine öffentlich bekannte Homosexualität zu kämpfen. Neben Wilde lebten aber auch andere Künstler, Dichter und Essayisten nach dem Dandyismus, wie zum Beispiel Aubrey Beardsley.
Der neuinterpretierte Stil sollte nun auch samtene Kniehosen, Westen und niederliegende Hemdkragen beinhalten. Dandyismus wurde und wird aber nicht nur als Mode- sondern auch Lebensstil verstanden. Er drückt eine Art Lebenseinstellung aus, die sich aus dem strengen viktorianischen Zeitalter Englands und den moralischen Zwängen dieser Epoche herauswinden konnte. Er bot Alternativen zum vorhandenen, einheitlich, bürgerlichen Geschmack, indem er Farben, neue Formen und aus riskante Lebensweisen pries. Viele zeitgenössische Dandys hielten nicht viel vom Eheleben, schmissen mit Geld um sich und widmeten sich ganz ihrem dekorativem Dasein.

Diesem Paradiesvogel liegt aber, seiner erhabenen Oberfläche zu trotz, eine harsche Kritik an der Gesellschaft des fin de siècle zugrunde. Die auch als Dekandentismus bezeichnete Epoche thematisiert die Sinnlosigkeit jedweder Ordnung in einer zum Untergang bestimmten Gesellschaft. Die Philosophie besagt, dass sozialer und wirtschaftlicher Einsatz unnütz seien. Dieser Sinnlosigkeit entgeht der Dandy, indem er sich zu einer Figur des absoluten Narzissmus stilisiert. Sich dem Sinn entziehend, konzentriert er sich auf die Form.
Ein Prototyp für den Dandy, der seine Persönlichkeit einer Kunstfigur gleich erschafft, gute Manieren mit geistreicher Konversation verbindet. Vollkommen auf sich fixiert, bleibt kaum Platz für andere – doch der ist auch nicht notwendig. Der Dandy bewegt sich zwar innerhalb der feinen Gesellschaft, grenzt sich aber gleichzeitig von dieser ab. Seine Waffe ist die Sprache, sein sarkastischer Scharfsinn provoziert das Gegenüber. Ohne dass es jedoch immer als Beleidigung empfunden wird.

Der Dandy ist ein von erlesener Eleganz, einer Eleganz, die Ausdruck einer bestimmten Geistes- und Lebenshaltung ist. Er ist eine extravagante Spielart des Gentleman, ausgezeichnet durch überlegenen Geschmack, perfekte Manieren, zynisch-frivolen Konversationston, Kaltblütigkeit und Unerschütterlichkeit in allen Lebenslagen und einen auf die Spitze getriebenen Selbstkult. Er ist ein passionierter Müßiggänger und eine notorische Spielernatur. Er ist Solitär und Gesellschaftsmensch. So mag man ihn, aber das Paradoxe gehört zu seinem Wesen – als den Ungeselligen schlechthin ansehen, „dessen prinzipielle gesellige Distanz freilich auf eine raffinierte ‚Geselligkeit‘ von Geselligkeitsverächtern bezogen ist“.

Quelle: https://claudia2902.wordpress.com/2016/08/19/extravaganz-geschmackvolle-rebellion-der-moderne-dandy-ist-zurueck/

Im Bild: Robert de Montesquiou, Porträt von Giovanni Boldini (Paris, Musée d’Orsay).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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