DIE MACHT DES POPULISMUS IN EUROPA

Die gefährlichste Schwäche heutiger Demokratien: Populismus. Die Radikalen bieten noch jenes politische Ganzheitsversprechen, das den großen Volksparteien abhanden gekommen ist. Nicht nur Marxisten, sondern auch Rechtsextreme haben eine klare Alternative zur regierenden Macht im Gepäck. Sie haben eine Stimme, von der sie annehmen werden, dass sie zählt: weil sie den Ausschlag geben könnte für einen grundlegenden Wandel und weil sie nicht in einen anderen Chor einstimmen könnte, ohne schrill herauszustechen. Das heißt, rechtsradikal kann man heute mit jener Überzeugung sein, mit der die Sozialdemokraten einmal Sozialdemokraten waren, bevor sie bemerkten, dass sie sich von Christdemokraten nicht mehr wesentlich unterscheiden.
Enttäuscht von den etablierten Parteien sympathisieren immer mehr Bürger Europas mit linken wie rechten Populisten. Könnte es sein, dass sich das Modell der repräsentativen Demokratie überlebt hat? Europa ist in der Krise und die Protestparteien breiten sich auch noch aus. Was wollen die Populisten und warum sind sie so erfolgreich? In vielen europäischen Ländern zeigt sich dasselbe Muster.  Protestparteien formieren sich und kritisieren die etablierten Kräfte. Häufig schlagen sie harte Töne gegen die Europäische Union und den Euro als Einheitswährung an. Populistische Protestparteien sind an sich kein neues Phänomen. Neu ist aber die zunehmende Kritik an der EU und das vehemente Ablehnen der Euro-Rettung.

Während sich etwa die griechischen Parteien Plan B und Drachme gerade erst formieren, haben andere bereits überraschende Erfolge errungen. Die anti-europäische UK Independence Party (Ukip) ist der Schrecken des britischen Premierministers David Cameron. Finnlands Finnen oder das Team Stronach in Österreich erreichen mit ihrem Postulat neuer Werte eine große Zahl potenzieller Wähler. Auch in Deutschland hat sich die erste Anti-Euro-Partei gegründet: Die Alternative für Deutschland (AFD); 27 Prozent der Deutschen sympathisieren mit der Euro-kritischen Gruppierung. Aus dem Impuls, komplett mit der bisherigen Regierung aufzuräumen, bilden sich auch linke Bewegungen: Überraschend war etwa das Abschneiden der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo bei der Parlamentswahl in Italien oder der anfänglich rasante Erfolg der deutschen Piraten.
Um heute wieder in die Balance zu kommen, muss das politische System das Ruder herumreißen und seine Demokratiedefizite beheben. Erstens: seine wirtschaftspolitische Handlungsfähigkeit zurückerobern und gegen Hochfinanz und Lobbyisten verteidigen. Zweitens: zwischen den Volksparteien den Richtungsstreit neu kultivieren, statt auf Dritten Wegen in die Kuschelecke der gefühlten Mitte zu streben. Drittens muss aber auch die Verlagerung vormals nationalstaatlicher Entscheidungen auf die EU vollständig demokratisch legitimiert werden. Vorschläge gibt es dafür, etwa die europäische Öffentlichkeit und Bürgerbeteiligung zu stärken.

Claudia von Dzerzawa

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