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Südtirol. Musik aus vier Jahrhunderten

10 Novembre 2017

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Südtirol. Musik aus vier Jahrhunderten

Haydn, Brahms, Schönberg – und eine Uraufführung: Unter der Leitung von Marco Angius spielt das Haydn Orchester in Bozen und St. Ulrich.

Von der Wiener Klassik bis zur zeitgenössischen Musik: Am 14. November spielt das Haydn Orchester unter der Leitung von Marco Angius im Konzerthaus Bozen die 1794 in London uraufgeführte Sinfonie Nr. 99 von Joseph Haydn, die trotz mehrmaliger Vollendungsversuche erst 1939 abgeschlossene Kammersinfonie Nr. 2 von Arnold Schönberg und die 1873 von Johannes Brahms vorgelegten Variationen über ein Thema von Haydn. Diesen in drei Jahrhunderten entstandenen attraktiven musikalischen Cocktail ergänzt das Orchester mit dem Auftragswerk „Dyscrasic Morphing“ von Marco Uvietta. Das Konzert beginnt um 20 Uhr und wird am 16. November um 20.30 Uhr im Kulturhaus L. Trenker in St. Ulrich wiederholt.

Marco Uvietta wurde 1963 in Bozen geboren. Er studierte Komposition und Chormusik in Mailand und schloss seine Ausbildung an der Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom ab. In den Jahren 2000 bis 2003 belegte er Kompositionskurse bei Luciano Berio. Seine Werke wurden von bedeutenden Kammerensembles aufgeführt, wie – unter anderen – dem Ensemble der Akademie Neue Musik Bozen und dem Arditti Quartett sowie von Solisten wie Stefano Guarino und Simone Vebber. Als Komponist von Vokal- und Instrumentalmusik arbeitete Marco Uvietta mit dem Haydn Orchester, dem Ensemble Zandonai in Trient, dem Vokalensemble Continuum und der Kapelle für neue Musik Windkraft zusammen. Er unterrichtet als Dozent für Musikwissenschaft und Musikgeschichte an der Universität Trient und hat zahlreiche Essays über die italienische Oper des 19. Jahrhunderts sowie die Musik des 20. Jahrhunderts – und dabei vor allem über die Musik von Luciano Berio – veröffentlicht.

„Dyscrasic Morphing“ wurde am 30. September 2017 fertiggestellt und bezieht sich auf eine von Giorgio Federico Ghedini verfasste Transkription der Toccata V von Girolamo Frescobaldi für Orchester. „Am 4. Januar 2003 gab mir Luciano Berio die ersten sechs Takte mit der Aufforderung ,Beende du das’. Erst viele Jahre später stellte ich fest, dass diese Musik nicht von Berio selbst stammte, sondern dass dieser Ghedinis Transkription nur kopiert hatte, um diese mit anderen Transkriptionen zu Frescobaldi aufzuführen, berichtet Marco Uvietta. Aus dem von Berio überlassenen Material, der Frescobaldis Werk naheliegenden Toccata VII von Michelangelo Rossi und den Einflüssen weiterer Komponisten wie Verdi, Debussy, Bartók und Stravinsky erschuf Uvietta dann ein ganz neues Stück. „Diese Komposition stellt sich vor, was geschehen würde, wenn sich Frescobaldis Toccata V in die Toccata VII von Rossi verwandelt hätte, diese Metamorphose dann in die Brüche gegangen wäre und sich mit fremden Fragmenten nach einer anderen Logik vermengt hätte“, schreibt Uvietta über dieses Werk.

Der 1969 geborene Marco Angius studierte Musik in Rom und Musikwissenschaft in Bologna. Er begann seine Karriere als Dirigent von Kammerensembles. Gemeinsam mit dem Ensemble Algoritmo wurde ihm 2007 der Amadeus-Schallplattenpreis für die Einspielung von Ivan Fedeles „Mixtim“ verliehen. Marco Angius hat sich als Dirigent und auch als Buchautor auf die zeitgenössische Musik spezialisiert und – unter anderem – Werke von Bruno Maderna, Wolfgang Rihm, Alessandro Solbiati, Luigi Nono und Salvatore Sciarrino aufgeführt. Seit 2011 leitet er das Ensemble Giorgio Bernasconi der Accademia del Teatro alla Scala in Mailand und ist seit 2015 künstlerischer Leiter des Orchestra di Padova e del Veneto. Marco Angius spielte mehr als zwanzig CD‘s ein, darunter Bachs „Kunst der Fuge“ in der Fassung von Hermann Scherchen, „L’imbalsamatore“ von Giorgio Battistelli, Imaginary Landscapes und „Sixteen Dances“ von John Cage, Checkpoint“ von Michele Dall’Ongaro, „Die Schachtel“ von Franco Evangelisti, sämtliche Werke für Violine und Orchester von Ivan Fedele, „In Red“ von Nicola Sani, sowie „Studi per l’intonazione del mare und „Luci mie traditrici“ von Salvatore Sciarrino.

Tickets: Stadttheater, Verdiplatz 40, 39100 Bozen Tel 0471 053800  /  www.haydn.it

In foto: Marco Angius/(c) Silvia Lelli