Verfahrene Situation „Einführung des Verbots von Pestiziden war illegal“

Die Malser Volksinitiative zur Einführung eines Verbots von Pestiziden war illegal.
Dieses geht aus einem Brief vom Regierungskommissariat, der in diesen Tagen auf den Tisch von Landeshauptmann Arno Kompatscher geflattert ist, hervor. Weil die Abstimmung gesetzeswidrig war, droht auch ein EU-Verfahren. Das Land, das die Aufsicht über die Gemeinden hat, muss notfalls den Bürgermeister absetzen und den Gemeinderat auflösen, so berichtete das Tagblatt Dolomiten.
Das Regierungskommissariat ist lediglich nur der Überbringer dieser schlechten Nachricht:
Ein Rechtsgutachten der Bezirksstaatsadvokatur von Trient, das die Gemeinde Mals übrigens selbst angefordert hat und über dessen Inhalt sie bereits vor dem Referendum informiert gewesen sein soll, ist genauso eindeutig wie die Gutachten der angerufenen Ministerien in Rom.
Demnach ist die Abstimmung sowohl inhaltlich als auch in seiner Durchführung illegal gewesen: Einerseits bezog sich die Volksinitiative auf eine EU-Kompetenz. Auch Staat und Land können nicht über den Einsatz von Spritzmitteln entscheiden. Im Einheitstext der Region wird explizit betont, dass Referenden auf Gemeindeebene nur zu Sachverhalten zulässig sind, die auch in der Kompetenz der Gemeinde liegen. Laut Innenministerium muss die Landesregierung Maßnahmen ergreifen, sollte die Gemeinde tatsächlich das Abstimmungsergebnis umsetzen.
Landesrat Arnold Schuler, der für die Gemeindeaufsicht zuständig ist, erklärte im „Dolomiten“-Interview: „Wir als Landesregierung setzen die Gemeinde nicht unter Druck. Der Ball liegt nun in Mals.“ Unterstützung vonseiten des Landes dürfe die Gemeinde aber auch nicht erwarten.
Die Situation ist also verfahren. Man hat in Mals mit den Bürgern immer kommuniziert, die Abstimmung ist bindend, die Erwartungshaltung ist deshalb entsprechend groß. Gleichzeitig schaut halb Europa auf Mals, so erklärte Schuler.
Was die Durchführung anbelangt, wird in den Gutachten die mehrtägige Abstimmungsmöglichkeit und die nicht eingehaltene Überprüfung der Wählerlisten kritisiert.
Schließlich könnte auch noch der Rechnungshof auf den Plan gerufen werden. Regierungskommissärin Elisabetta Margiacchi spricht in dem Brief sogar von einem möglichen finanziellen Schaden für die öffentliche Hand.
Heftige Kritik müssen die Verantwortlichen in der Gemeinde auch von der Opposition einstecken. „Man kann zum Thema Pestizide stehen wie man will. Und unabhängig von der wohl sehr klaren Abstimmung der Malser Bürger gibt es hierbei auch eine politische Dimension“, so schreibt Gemeinderat Peppi Stecher in einer Aussendung.
Er resümiert: „Die Gemeinde holt sich beim Staat ein Gutachten ein, der Staat sagt Njet, die Gemeinde ignoriert das von ihr selbst eingeholte Gutachten, die Gemeindesekretärin verlässt daraufhin die Kommission, die Gemeinde zieht die Volksbefragung trotzdem durch und der Staat annulliert die Volksbefragung. Außer Spesen nix gewesen?“
Jetzt gilt es zu klären, wer für diese Spesen gerade steht, immerhin sind hier öffentliche Gelder aus der Malser Gemeindekasse in den Sand gesetzt worden. „Eines ist jetzt schon klar. Die Verantwortlichen in der Gemeindeverwaltung von Mals werden um ein politisches Mea Culpa wohl nicht mehr herumkommen“, so erklärte Stecher abschließend.

Grüne: “Land soll die Zuständigkeit der Gemeinden zum Schutz der Gesundheit gesetzlich anerkennen”
Dass die Volksabstimmung in Mals rechtswidrig sein soll, kommt für die Grünen im Südtiroler Landtag nicht unerwartet. „Nach dem Erfolg der Volksabstimmung in Mals folgt nun der Gegenschlag der Pestizidlobby mit ihren ausgezeichneten Verbindungen nach Brüssel, Rom und natürlich auch hier in Südtirol. Derartige Attacken sind in aller Entschiedenheit zurückzuweisen“, so erklären die Grünen in einer Aussendung.
Eine Autonome Provinz Bozen, die dieses Namens würdig ist, hat die Pflicht, sich solchen Drohungen nicht zu unterwerfen, um gegen den Willen der Bevölkerung vorzugehen, sondern muss vielmehr für dessen Umsetzung Sorge tragen. Die Volksabstimmung hat den klaren Auftrag erteilt: Gesundheit steht an erster Stelle, so die Grünen.
Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, hierzu ihre Meinung kundzutun, während die Gemeinden in der Lage sein muss, Verordnungen zu erlassen, die den Besonderheiten des jeweiligen Gemeindegebietes Rechnung tragen. Es gilt, einen Lebensraum vor der Verseuchung durch Pestizide zu schützen, wie schließlich auch von der EU vorgesehen, wenn sie die Gesundheit als oberstes Gut anerkennt. Es ist nun Aufgabe und Pflicht des Landes, diese Kompetenzzuweisung an die Gemeinden mit einem Landesgesetz rechtlich zu verankern“, fügen die Grünen hinzu.
Die Gelegenheit bietet sich in der zweiten Oktoberwoche, wenn das Omnibusgesetz zu den Bereichen Raumordnung, Umwelt und Landwirtschaft im Landtag behandelt wird. Die Grünen haben dazu bereits eine Reihe von Abänderungsanträgen vorgelegt, um folgende Prinzipien umzusetzen: Erstens Punkt ist die Information. „Das Land wird zu einem ständigen wissenschaftlichen Monitoring zum Vorhandensein von Pestiziden in der Umwelt und deren Herkunft verpflichtet. Die einzelnen Gemeinden haben die Möglichkeit, spezifische Studien auf dem eigenen Gebiet durchführen zu lassen“, so heißt es in dem Antrag der Grünen.

Außerdem geht es um Subsidiarität. „Die einzelnen Gemeinden können, auf der Grundlage der Ergebnisse und der territorialen Gegebenheiten, spezifische Gebiete ausweisen, die besondere Unterschutzstellung erfordern und für diese zusätzliche Auflagen festlegen, die über die Landesrichtlinien hinausgehen“, so heißt es im Antrag weiter.
Und schließlich kommt die Verantwortung, wobei, immer laut den Grünen, im Falle von Schäden an Personen, Tieren, landwirtschaftlichen Anlagen oder anderen Gütern, die von Pestiziden ausgelöst werden, die Verantwortlichen für die Schäden haften sollen.
„Falls all dies in einem Landesgesetz festgeschrieben wird, wird das Land dem Willen der Bevölkerung im Vinschgau entsprechen und somit die vielzitierte und beschworene Autonomie Südtirols tatsächlich auch wahrnehmen. Im Sinne einer selbstbestimmten Bevölkerung, die weiß, was das Beste für sie ist“, erklären die grünen Abgeordneten Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa und Hans Heiss abschließend.

Claudia von Dzerzawa

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