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Luis Durnwalder über den geplatzten ESF-Skandal5 min read

1 Settembre 2014 4 min read

Luis Durnwalder über den geplatzten ESF-Skandal5 min read

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Luis Durnwalder hat das Melken der EU zur Chefsache erklärt, so die Tageszeitung. Was sagte der Alt-Landeshauptmann nun zum geplatzten ESF-Skandal.

Herr Alt-Landeshauptmann, die EU-Kommission stellte in ihrem Bericht dem ESF-Amt und der zuständigen Prüfstelle ein vernichtendes Urteil aus. Was ist da schiefgelaufen, fragte die Tageszeitung?

Ich habe den Bericht der Kommission nicht gelesen und ich weiß natürlich auch nicht, wie viel da kontrolliert worden ist oder nicht kontrolliert worden ist. Das ist nicht Sache der Politiker, sondern Sache der Techniker. Für die Kontrollen waren Thomas Mathà und vorher Barbara Repetto zuständig, so erklärte der Alt-Landeshauptmann.

Erleutern Sie uns einmal diesen Vorgang, so die Tageszeitung!

Die Landesräte sind mit ihren Programmen ins Amt gegangen. Jeder Landesrat hat nun versucht, in seinem Bereich die Projekte voranzutreiben. Die Landesräte haben dann natürlich nicht gefragt, ob die einzelnen Unterlagen stimmen. Denn das zu kontrollieren ist nicht Aufgabe der Politiker, sondern Aufgabe der Mitarbeiter. Wenn der Rechnungshof etwas gesagt hat, dann haben wir das an die einzelnen Abteilungen weitergeleitet, selbstverständlich mit der Aufforderung, dass sie diese Punkte berücksichtigen sollen. Von der Politik wird einerseits gefordert, dass sie sich nicht in die direkte Kontrolle einmischen soll, was auch verständlich ist, und auf der anderen Seite will man uns vorwerfen, wir hätten zu wenig kontrolliert. Ich weiß nicht, wie viel von der Kritik richtig ist. Ich habe mit den Verantwortlichen gesprochen, und diese haben mir gesagt, dass die EU-Kommission bei Weitem übertreibt. Ob jetzt für Projekte abgerechnet wurde, für die man nicht hätte abrechnen dürfen, oder ob zu viel abgerechnet wurde, das alles kann ich nicht sagen. Denn die Unterlagen habe ich nie gesehen, so Durnwlalder .
Hat Südtirol die EU vielleicht als Melkkuh betrachtet, fragte die Tageszeitung nach?
Ja, aber nicht nur im Bereich des ESF. Wir haben überall versucht, das Bestmögliche herauszuholen und so, mit den Leaderprojekten, dem Fonds für regionale Entwicklung und den Ausgleichszahlung, jedes Jahr rund 160 Millionen Euro von der EU bekommen. Das heißt, dass das Geld aus Brüssel im Landeshaushalt schon ziemlich viel ausgemacht hat; so das Fazit Luis Durnwalders.
Der ehemalige Leiter der Prüfstelle, Albert Plitzner, sagte, er hat bei seiner Kontrolltätigkeit zu wenig Mitarbeiter gehabt. Deshalb ist man auch überfordert gewesen. Warum haben Sie nicht mehr Personal eingestellt?
Eine Prüfstelle muss unabhängig arbeiten. Wir können nicht sagen: Tut’s so oder so kontrollieren. Aber jedes Amt sagte, es hat zu wenig Mitarbeiter. Jede Abteilung will für jeden einzelnen Akt einen eigenen Mitarbeiter. Das geht natürlich nicht. Die Prüfstelle muss, wie vorgeschrieben, sechs Prozent der Unterlagen untersuchen. Das wird sie sicher auch gemacht haben. Der Plitzner ist ein sehr genauer und ordentlicher Mitarbeiter, der seine Pflicht getan hat. Ob er noch mehr hätte kontrollieren sollen, ist eine andere Geschichte. Sie wissen ja selber: Einerseits wollen die Verbände, die ja vorwiegend die Nutznießer des ESF sind, dass nicht jeder Zettel fünf Mal umgedreht wird. Und andererseits ist es so, dass die EU mit Recht verlangt, dass genau kontrolliert wird. Das ist relativ: Für die einen ist es zu viel, für die anderen zu wenig, berichtete der der Alt-Landeshauptmann.
Sehen Sie sich als politisch Verantwortlicher; so die Tageszeitung?
Als Landeshauptmann bist du für alles politisch verantwortlich. Ob beim ESF etwas ist oder bei der Sanität: Am Ende ist immer die Landesverwaltung verantwortlich, und da bin ich halt der Chef. Aber keiner kann verlangen, dass ich hergehe und jeden einzelnen Akt kontrolliere. Für diese Aufgabe haben wir verantwortliche Mitarbeiter. Ich fühle mich in keinster Weise moralisch verantwortlich für die einzelnen Programme, die da durchgeführt wurden. Natürlich: Wir haben die Programme genehmigt, aber danach müssen diese Programme auch umgesetzt werden. Wenn wir als Landesregierung einen Weg bauen oder einen Beitrag vergeben, kann man auch nicht sagen: Ihr müsst nochmal hinausgehen und kontrollieren. Dafür sind die Ämter da.
Die Opposition hat in mehreren Anfragen auf die Probleme im ESF-Amt hingewiesen. Auch Mitarbeiter hätten sich zu Wort gemeldet …
Sie wissen ja selber: Die gleichen Oppositionspolitiker verlangen, dass wir Personal einsparen sollen und schneller und unbürokratischer arbeiten. Wenn auf der anderen Seite dann etwas ist, sagte man, dass in dem Bereich zu wenig Mitarbeiter gewesen sind. Immer ist die Politik schuld. Wobei man in dem Fall erst schauen muss, ob überhaupt etwas ist, stellte Durnwalder fest.
Wurde eventuell mit Absicht oberflächlich kontrolliert?
Das kann ich mit Sicherheit ausschließen: sowohl für die Landesregierung als auch für die Landesverwaltung. Gerade in dem Bereich haben wir ausgezeichnete Beamte, die wissen, was sie zu tun haben. Wir haben die Projekte nur deshalb genehmigt, weil die Verbände, die ja in der Kommission sitzen gesagt haben, dass diese besonders wichtig sIND, um Arbeitsplätze oder Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Für die Durchführung der Projekte ist dann der Verband zuständig, sagte der Alt-Landeshauptmann.
Wie bewerten Sie die Tatsache, dass Ihr Nachfolger alles umkrempeln will im ESF-Amt, fragte die Tageszeitung?
Das wir schon richtig sein. Er wird wissen, was er zu tun hat. Wenn er der Meinung ist, dass es mehr Leute braucht, dann soll er mehr Leute anstellen. Aber dann muss er diese Leute auch irgendwo anders wegnehmen. Er hat völlig freie Hand.
Die Kontrollen erster Instanz sollen nun extern erfolgen …
Wenn wir das gemacht hätten, dann hätte uns der Rechnungshof vorgeworfen, wir würden zu viel ausschreiben und zu wenig intern durchführen lassen. Dem Rechnungshof kann man es nicht recht machen. Es ist nicht leicht. Doch wir brauchen jetzt auch nicht in Panik verfallen. Nur weil Brüssel einmal irgendetwas schreibt, muss es nicht gleich ein großer Skandal sein, so meinte Durnwalder.
Herr Alt-Landeshauptmann, und privat: Wie geht es Ihnen im Ruhestand, so die Tageszeitung zum Abschluss?
Mir geht es recht gut. Sicher: Man muss erst einmal lernen, weniger zu arbeiten und sich mit anderen Dingen auseinanderzusetzen, als es früher der Fall war. Doch ich habe immer noch relativ viel zu tun. Heute war ich zum Beispiel in der Gemeinde Nals, am Nachmittag hielt ich in Gröden einen Vortrag über die Entwicklung des Fremdenverkehrs im Alpenraum. Der große Unterschied ist: Heute kann man nicht mehr entscheiden, sondern muss mehr zuhören. Dadurch lernt man dazu und sieht die Dinge mit etwas anderen Augen, so der Alt-Landeshauptmann.