„Reform des Mietbeitrages schafft neue Arme“

Die restriktive Regelung bei den Mietbeiträgen. Drei alleinerziehende Südtirolerinnen schildern, warum sie den Mietbeitrag verloren haben, so Tageszeitung Online.

Karin Herbst sah keine andere Möglichkeit, als sich einen Teil ihrer Abfertigung auszahlen zu lassen. Wegen einer hohen Zahnarztrechnung.Die Auswirkung der Auszahlung zeigte sich jüngst auch bei der Erneuerung des Antrags auf Auszahlung des Mietgeldes. „Komplett gestrichen“, sagt die Alleinerziehende aus Auer am Rande der Kundgebung vor dem Landhaus. Bisher hat sie monatlich 185 Euro Mietgeld für ihre 550 Euro Monatsmiete bekommen.
Die Abfertigung wurde in der neuen EVEE-Einkommenserklärung mit hinein gerechnet
. „Hätte ich das gewusst, wäre ich anders vorgegangen. Nun muss ich schauen, wie ich das fehlende Geld aufbringe“, bedauert Herbst.
Noch einschneidender sind die Einbußen für Monika Espeter, alleinerziehende Mutter aus Bruneck. Im Februar erfuhr sie, dass sie die bisher 400 Euro monatlich nicht mehr bekommt, um die Mietkosten von 600 Euro teilweise abzudecken. „Mein Einkommen hat sich nicht verändert“, beteuert die Frau aus Bruneck.
Dasselbe sagt auch Monika Frank aus Neumarkt. Die Alleinerziehende bekam bis vor kurzem 460 Euro Mietbeitrag monatlich, nun sind es 140 Euro. Ihr ernüchterndes Fazit:„Wir fallen durch den Rost.“

Die seit Anfang 2013 geltende Reform des Mietbeitrages kommt erst jetzt richtig zum Tragen: Viele Südtiroler erhalten wegen der verschärften Kriterien nichts mehr oder wesentlich weniger. Der Unmut darüber hat sich gestern auch vor dem Landtag entladen.

Jeden Monat kommen weitere 50 Fälle hinzu. Südtiroler Familien, die nach Ablauf ihres Mietvertrages einen neuen Antrag auf Auszahlung des Mietbeitrages stellen. Und dabei existenzbedrohende Überraschungen erleben müssen. Der Mietbeitrag des Landes wird nicht mehr ausbezahlt.
Wir haben allein in den letzten Monaten mit rund hundert Problemfällen zu tun. Dabei hieß es damals, es würde keine Kürzungen geben“, so berichtet der ASGB-Gewerkschafter und Mietexperte Christian Peintner.
Bis 2017 werden alle rund 10.000 Südtiroler Mieter, die bisher einen Mietbeitrag erhalten haben, unter das neue Berechnungssystem fallen. Es ist das Ergebnis der Zusammenlegung der Verwaltung des WoBi-Wohngeldes und des Mietbeitrages der Sozialsprengel und der Einführung von verschärften Bemessungskriterien. Das dazugehörige, harmlos klingende Kürzel: EVEE, die für den Erhalt des Mietgeldes notwendige Einkommens- und Vermögenserklärung. In dieses fließt nicht nur das Einkommen aus Arbeit, sondern auch Vermögen wie Erspartes, sogar das der Kinder.
Erklärtes Ziel des Mietbeitrag-Beschlusses der alten Landesregierung:Die Mieten sollten sinken und damit den öffentlichen Beitrag erübrigen. Ausgegangen war man dabei von der Annahme, dass die Mietbeiträge die Mieten in die Höhe getrieben haben.
Die Gewerkschaften haben der Neureglung im Oktober unter Vorbehalt zugestimmt, und eine Neubewertung gefordert. Sollten sich die neuen Kriterien der dritten Ebene der EVEE negativ für die Mieter auswirken. Was nun offensichtlich der Fall ist.
Wir verlangen, dass das Reform-Dekret ausgesetzt wird und bis zu einer generellen Überarbeitung die alten Kriterien wieder gelten“, sagt SGK/UIL-Landessekretär Toni Serafini. Die zuständigen Landesabteilungen haben bisher das Gespräch verweigert.
FSGB/CISL-Landessekretärin Tila Mair äußerte sich gegenüber TAGESZEITUNG Online: Für die Bedürftigen ist alles viel komplizierter geworden. Früher konnte man sich ungefähr ausrechnen, wie viel man Mietbeitrag bekommt. Nun gibt es große Unsicherheit und Überraschungen, weil die EVEE-Erklärung herangezogen wird. Es fehlt auch eine Abstimmung mit den Einkommensbewertungen, die das Wohnbauinstitut für Sozialwohnungen vornimmt. Für uns als Gewerkschaften ist es unmöglich, Daten zu bekommen. Es wurde angekündigt, dass alle Mindestrenten auf 700 Euro angehoben würden. Das stimmt freilich nicht, und auch nicht jeder bekommt die vollen 170 Euro für die Wohnnebenkosten. Überhaupt ein falsches Instrument, um die Renten anzugleichen. Wenn schon braucht es eine Reform, die alle Stütz-Maßnahmen betrifft und untereinander abstimmt. So kennt sich ja niemand mehr aus.”

Im Bild: SGK/UIL-Landessekretär Toni Serafini

Claudia von Dzerzawa

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Claudia von Dzerzawa

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