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RUF NACH FREIHEIT, GLEICHHEIT, BRÜDERLICHKEIT „STURM AUF DIE BASTILLE“

16 Marzo 2014

RUF NACH FREIHEIT, GLEICHHEIT, BRÜDERLICHKEIT „STURM AUF DIE BASTILLE“

Der Schriftsteller Joseph Zoderer sieht in den Protesten gegen hohe Politikergehälter ein unerwartetes politisches Bewusstsein erwachen, so Tageszeitung Online.  Alexander Langer hätte sich gefreut.

Genau dieses politische Bewusstsein erwachen fasziniert Zoderer sehr. Es begeistert ihn sogar. Diese plötzliche revolutionäre Stimmung war nicht zu erwarten. Man hat immer gedacht, die Südtiroler sind ein autoritätshöriges, bäuerliches Lämmervolk, das den Autoritäten mit Speck seine Aufwartung macht. Jetzt zeigt sich, dass es ein waches politisches Bewusstsein in diesem Land gibt. Die Proteste sind mehr als gerechtfertigt und längst fällig. Der Schriftsteller Joseph Zoderer muss in diesen Tagen ständig daran denken, wie sich Alexander Langer darüber gefreut hätte.

Die Empörung des Volkes kennt keine ethnischen und sozialen Grenzen. Das ist ein gemeinsamer Ruf aller nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit gegen die, die sich die Rosinen herauspicken. Hausfrauen, Rentner, Putzfrauen und Unternehmer melden sich zu Wort und gehen auf den Magnagoplatz, um zu demonstrieren.
Es herrscht eine Stimmung des Erwachens. Wir erleben im Augenblick ein reinigendes Gewitter, mir kommt es so vor wie ein Sturm auf die Bastille. Es gibt kein Zurück. Das macht mich glücklich. Die Wut entlädt sich in unverhohlener Aggression. Auch gegen die Opposition.
Das sind unsere Politiker nun wirklich nicht gewöhnt. Ulli Mair muss sich ja wie geohrfeigt und Martha Stocker wie angespuckt vorgekommen. Alle sind es  ja gewohnt, auf ihren Sympathiewolken zu segeln und jetzt stellt sich heraus: Es waren alles nur aufgeblasene Luftmatratzen, denen auf einmal der Stöpsel gezogen wird. Jetzt kommt endlich ans Licht, wie ärmlich die politischen Inhalte sind und wie karg gesät gutes politisches Personal ist. Offenbar ist die Politik in den vergangenen Jahren zum Sammelbecken für Opportunisten und nicht für begabte, moralisch integre Persönlichkeiten geworden. Wenn der Abgeordnete Sigmar Stocker äußert, als Landtagsabgeordneter hat er Macht und die Frauen hüpften ihm nur so zu, dann frage ich mich: Wo bleibt das Niveau?
Es ist sehr schade, dass der neue Landeshauptmann so einen Misthaufen auf der Startbahn seiner Regierungstätigkeit vorfindet, aber Mitleid habe ich keines. Die neue Regierung ist in einer Weise vorgewarnt, dass es für die Zukunft nur gut sein kann. So wie die vergangenen Politikergenerationen sich auf ihren so genannten erworbenen Rechten ausgeruht hat, wird es nie mehr sein. Man hätte die Autonomie ja auch dazu nützen können, sich die Politikergehälter autonom zu kürzen. Hat man nicht getan. Warum sollte man ihnen also noch glauben?
Der Vorschlag von LH Arno Kompatscher kommt mir vernünftig vor. Wenn die Gehälter nicht mehr so hoch sind, gehen vielleicht wieder Persönlichkeiten in die Politik, die wirklich an der Verbesserung der Gesellschaft interessiert sind und nicht nur am eigenen Geldsäckel. Das Unglaubliche ist ja, dass sie sich die Pension im Voraus haben zahlen lassen. Das kann ja nur ein Theaterwitz sein.

Manche fordern nun die Auflösung des Landtages. Ich weiß nicht recht, ob es Sinn macht, jetzt den Landtag aufzulösen. Die Politiker, die im Landtag sitzen, sind von der Bevölkerung schon so abgestraft, dass sie nur mehr im Büßerhemd ihre Zeit abdienen können. Der Schaden an der politischen Glaubwürdigkeit ist enorm, es wird lange dauern, bis das wieder gutgemacht werden kann. Das ist einerseits schlecht für die Demokratie, andererseits drücken diese Proteste einen überwältigenden Qualitätssprung des demokratischen Bewusstseins aus. Für mich ist es schwer vorstellbar, dass die Südtiroler sich noch beruhigen lassen und zur Tagesordnung übergehen. Wem soll man noch vertrauen? Es bleiben ja nur die Neugewählten, der Köllensberger und die paar Grünen …

Die Grünen haben das Geld als erste zurückgegeben, aber sie sind natürlich auch befleckt. Auch sie haben bei der Kontrolle versagt und deshalb ist die Enttäuschung gerechtfertigt. Vor einigen Jahren war immer die Rede vom System Südtirol. Jetzt kommt heraus, dass es noch viel schlimmer ist als nur die immer wieder beschriebene Freunderlwirtschaft der Volkspartei.

Die Menschen, die jetzt auf die Straße gehen und demokratisches Bewusstsein zeigen, haben meine volle Solidarität.