EX-POLITIKER FRANZ PAHL ÜBT KRITIK AN DIÖZESANBISCHOF IVO MUSER

In einem Offenen Brief übt der Ex-Politiker Franz Pahl Kritik an Diözesanbischof Ivo Muser, so Tageszeitung online.  Kirchenkanzeln sind der falsche Ort für Stellungnahmen zur Tagespolitik, so Pahl.
Bischof Ivo Muser hat sich zum Renten-Skandal zu Wort gemeldet. Nun kritisiert Franz Pahl den Bischof, weil er, so der Ex-Politiker,  im Zusammenspiel mit der Athesia-Presse die verbale Lynchjustiz, die im Lande herrscht, legitimiert. Er will sich einer fairen Diskussionen stellen, auch mit dem Bischof, verurteilt aber Pauschalverdächtigungen von der Kanzel aus, so Pahl.
Sehr geehrter Herr Bischof!
Kirchenkanzeln sind der falsche Ort für Stellungnahmen zu tagespolitischen Fragen. Ihre Aschermittwochs
Predigt, die sich dezidiert auf die aktuelle politische Auseinandersetzung bezieht, verwischt den notwendigen respektvollen Abstand von Kirche und Politik. Tagespolitik ist vorrangig Sache der frei gewählten Volksvertreter in ihrer ständigen politischen Beziehung zu den Wählern. Diese entscheiden regelmäßig und souverän über die Zusammensetzung der demokratischen Institutionen und melden sich frei zu Wort. Wenn Sie als Bischof der Diözese sich nun speziell in einer tagespolitischen Auseinandersetzung zu Wort melden, so ist dafür aber nicht die autoritativ-unnahbare Position der Kirchenkanzel geeignet. Tagespolitische Diskussionen gehören in den offenen, zivilen Raum, wo Rede und Gegenrede frei und unabhängig von Rang und Namen möglich sind. Eine ganz andere Sache sind kirchliche Wortmeldungen zu menschenrechtlichen Grundfragen, bei denen Stellungnahmen nicht nur sinnvoll, sondern moralisch verpflichtend sind. Eine solche Rolle haben z.B. der Münsteraner Bischof Graf von Galen und die bekennende evangelische Kirche im Kampf gegen das Naziregime, die Kirchen in der kommunistischen DDR oder Bischof Romero in Salvador auch unter Zuhilfenahme der sakralen Räume und durch Hirtenbriefe wahrgenommen. Sonst haben freilich gerade höchste Kirchenvertreter in Fällen massenhafter Menschenrechtsverletzungen viel zu oft geschwiegen oder sogar mit diktatorischen Regimen in Europa und Südamerika kooperiert. Im aktuellen Fall hat Ihre Äußerung in der öffentlichen Meinung unbeabsichtigt die Vorgangsweise besonders auch der Ebner-Presse legitimiert. Diese geht agitatorisch vor, spitzt die Sachfragen einseitig zu und bedient sich ihres Internetforums „stol news“ zur suggestiven Beeinflussung. Im Schutz der Anonymität kommt es dort seit Wochen zu pausenlosen wüsten Beschimpfungen von verdienten politischen Persönlichkeiten der Mehrheit und Opposition.
Deren menschliche Würde und langjährige Leistung werden rücksichtslos herabgesetzt. Der verurteilende Schulterschluss erinnert viele unwillkürlich auch an die historisch gewiss verständlichen und immer noch beachtlichen finanziellen Beteiligungen und Verbindungen kirchlicher Institutionen mit dem Wirtschafts- und Medienkonzern Athesia und indirekt mit dessen Strategien, sowenig daran oder an den Beteiligungen etwas illegal ist.
So lautet es: „Parasiten, Verbrecher, Dreckspack, Saubande, Nazihaufen, eine in diese hässliche Fratze hauen, eine Terrorgruppe gründen und ab und zu einige tote Bonzen an der Tankstelle aufhängen! Im Bozner Bahnhofspark eine
Guillotine aufstellen und Köpfe rollen lassen!“ (Quelle: „stol news“ der Athesia).

Die angefachte Wuthysterie führt längst auch zu unflätigen Beschimpfungen von Freunden und Familienangehörigen der Politiker und sogar zu Sachbeschädigungen.

Ich bin von solchen Vorgängen mit betroffen. In dieses bestürzend gehässige, brutalisierende Klima hinein hat Ihre Stellungnahme unter dem Zeichen des Hirtenstabes indirekt und stillschweigend, wenn auch ganz sicher nicht beabsichtigt oder gewollt, auch diesen wüsten Rausch der Aggressivität und der Verbalinjurien in der öffentlichen Meinung als angemessenen „Unmut vieler Menschen“ („Dolomiten“ vom 6.3. d.J.) erscheinen lassen.

Dies vor allem, weil Sie den bemerkenswerten sozialpolitischen Zusammenhang des kritisierten Rentengesetzes völlig ausblendet haben: zugunsten dringender Hilfsmaßnahmen für Südtiroler Familien haben Politiker durch eigene Rentenkürzungen 50 Millionen Euro für das regionale Familienpaket bereitgestellt und es damit für die nächsten zehn Jahre gesichert. Auch die aus dem Amt geschiedenen Politiker haben diese soziale Solidarität freiwillig mitgetragen.

Ich brauche soziale und humanitäre Haltung nicht erst zu lernen und habe wie alle meine Kollegen stets jedes Foto süchtige und die Empfänger demütigende Gutmenschen-Getue vermieden. So haben es alle Kolleginnen und Kollegen in ihrer persönlichen Hilfsbereitschaft gehalten.

Ich stelle mich wie jeder andere Politiker jederzeit und in jedem demokratischen Rahmen auch der amtskirchlichen Kritik und bin zu jeder privaten wie öffentlichen Diskussion auch mit jedem kirchlichen Vertreter – den Bischof der Diözese eingeschlossen – natürlich bereit, aber im richtigen Rahmen, fair, demokratisch und sachbezogen. Pauschalverurteilungen von der Kanzel, die mich mit meinen früheren Kollegen automatisch mit betreffen, weise ich jedoch zurück.

Ungeachtet meiner Kritik aus aktuellem Anlass möchte ich Ihnen für Ihre pastoralen Bemühungen für die Diözese auch meinen persönlichen Dank aussprechen.”

 

Claudia von Dzerzawa

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