Politica

Robert Ladurner

29 Gennaio 2013

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Robert Ladurner


Rivoluzione Civile

Bürgerrevolution

Revoluzion Zevila

 von Christine Kofler 

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Robert Ladurner ist der deutschsprachige Spitzenkandidat für die Liste „Rivoluzione Civile – Bürgerrevolution – Revoluzion Zevila“ in Südtirol. Die „Rivoluzione Civile – Lista Ingroia“ ist eine gemeinsame Wahlliste mehrerer linker Parteien (Movimento Arancione, Federazione die Verdi etc.). Für den Posten des Ministerpräsidenten kandidiert der legendäre Mafiajäger, Staatsanwalt und Politiker Antonio Ingroia.

 

 

 

Seit nunmehr 18 Jahren arbeitet Robert Ladurner in verschiedenen Gemeinden, seit zwei Jahren ist er Gemeindesekretär in Ulten. Der 40-Jährige hat im Jahr 2002 sein Studium der Wirtschafts- und Handelswissenschaften an der Universität Bozen abgeschlossen und setzt sich neben seiner Tätigkeit als Gemeindemitarbeiter für innovative Gesellschaftsprojekte wie die Zeitbank in Meran oder die Idee der Gemeinwohlökonomie ein. Wir haben mit Robert Ladurner über das Parteiprogramm und seine Anliegen für Rom gesprochen.

 

BA ONLINE: Sie sind der Südtiroler Spitzenkandidat für die Liste „Rivoluzione Civile – Bürgerrevolution – Revoluzion Zevila“ und treten für die Abgeordnetenkammer an. Welches sind die wichtigsten Punkte ihres Programms?

Robert Ladurner: Als man mich gebeten hat, zu kandidieren war für mich klar, dass ich dies nur unter solchen Bedingungen machen möchte, die für mich zu 100 % passen, dazu gehörte u.a. eine gleichberechtigte Vertretung beiderlei Geschlechts, ein dreisprachiges Listenzeichen und die signifikante Vertretung der Sprachgruppen, aber vor allem musste die Bewegung ein Programm haben, in dem ich mich ganz wiederfinden kann.

 

Die Bürgerrevolution hat unter Mitwirkung von verschiedenen VertreterInnen unserer Gesellschaft ein 10-Punkte-Programm ausgearbeitet, das ich von ganzem Herzen teile. Wesentlich ist jener Punkt, der die Arbeit betrifft: Es braucht Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit, denn ein Mensch ohne Arbeit ist ein Mensch, dem man seine Würde nimmt und der bald auch die Hoffnung für die Zukunft verliert.

Außerdem wichtig in unserem Programm: Unsere Autonomie, die derzeit durch die sog. „transversalen Zuständigkeiten“ immer mehr ausgehöhlt wird. Dass dies passieren würde war seit jeher absehbar und wurde vor mehr als zehn Jahren bereits von renommierten Experten wie Prof. Ritz betont. Dass gerade die SVP jetzt so tut, als wären dies Ereignisse, die aus heiterem Himmel passieren, finde ich heuchlerisch.

 

Ein dritter wesentlicher Punkt ist der öffentliche Dienst mit Schule, Sanität und den Sozialdiensten. Hier wird immer mehr gespart und das Gefühl vermittelt, als gäbe es keine anderen Möglichkeiten mehr, als den Rotstift anzusetzen. Wenn es aber darum geht, marode Banken zu retten (Monte dei Paschi di Siena) dann hat sieht man, dass Geld plötzlich keine Rolle mehr spielt. Ich bin der Meinung, dass egal wie es um den Staat stehen mag, im Bereich der Ausbildung, der Gesundheit und der Fürsorge nie so drastisch gekürzt werden soll, wie es jetzt der Fall ist.

 

Sie sind seit etwa seit 18 Jahren in verschiedenen Gemeinden tätig und seit zwei Jahren Gemeindesekretär in Ulten. Was hat Sie dazu bewegt, sich stärker auf Politik zu fokussieren und als Kandidat für die Wahlliste „Bürgerrevolution – Lista Ingroia“ anzutreten?

Als oberster Beamter in einer Gemeinde und damit Verbindungsglied zwischen Politik und Verwaltung, habe ich täglich mit Politik und Politikern zu tun. Die meisten LokalpolitikerInnen, mit denen ich zusammengearbeitet habe, sind gute Verwalter, weil sie versuchen, das Beste für die BürgerInnen ihrer Gemeinde zu erreichen. Anders ist es bereits auf Landesebene und noch schlimmer auf Staatsebene. Wenn ich mir allein die Gesetze ansehe, die „produziert“ werden, dann habe ich das Gefühl, dass diese Politiker nicht wissen, was unsere Gesellschaft braucht. Es wird weit über das Ziel hinausgeschossen, wie z.B. bei der Straßenverkehrsordnung mit ihren teilweise unmenschlichen Strafen; oder es werden Sachen überreglementiert wie der gesamte Bereich der „öffentlichen Arbeiten“ mit Gesetzen mit teilweise mehr als 700 Artikeln, Querverweisen auf andere Bestimmungen, mit beinahe täglichen Rundschreiben von Aufsichtsbehörden die sich einander widersprechen etc. An anderen Gesetzen wird bis zur Unkenntlichkeit herumgeflickt, wie z.B. auf Landesebene im Bereich der „Urbanistik und Raumordnung“. Dort kennen sich selbst spezialisierte Experten kaum noch aus.

 

In all diesen Bereichen entsteht Rechtsunsicherheit und es tun sich Interpretationsmöglichkeiten auf, mit der Folge, dass man auf eine Frage an zwei Leute fünf verschiedene Antworten bekommen kann. Dieses Phänomen würgt die Wirtschaft ab. Ich möchte gerne dafür eintreten, dass die Gesetze so gemacht werden, dass sie ein normaler Durchschnittsbürger mit gesundem Hausverstand zweifelsfrei verstehen und befolgen kann. Es gab bereits eine bekannte Persönlichkeit der Geschichte, die Gesetze nach diesem Prinzip erlassen hat: Kaiserin Maria Theresia von Österreich. Eine Gesetzesvereinfachung ist der wirksamste Weg um Bürokratie einzugrenzen, denn aus zwei Formularen eines zu machen, ist keine wirkliche Erleichterung für die Menschen.

 

Haben Sie ein Herzensanliegen, das Ihnen ganz besonders unter den Nägeln brennt und das Sie gern in Rom auf den Tisch bringen würden?

Eines meiner Herzensanliegen ist der Wunsch, dass unser Wohlstand und Reichtum nicht nur über das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gemessen wird, sondern über andere Indikatoren. Mir gefällt zum Beispiel der Ansatz der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) sehr gut. Ich denke, das könnte sogar DAS Wirtschaftsmodell der Zukunft sein. Die Betriebe erstellen ihre Bilanz nach den Kriterien der GWÖ und werden dabei nicht nur nach dem Gewinn beurteilt, sondern derzeit nach 17 genau definierten Hauptkriterien in den Bereichen Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung und Transparenz. Neben dem Gewinn treten also auch Dinge wie z.B. ethisches Beschaffungsmanagement, die Arbeitsplatzqualität, die Gleichstellung und der Sinn und gesellschaftlicher Nutzen der Produkte in den Vordergrund.

 

Mein Herzensanliegen ist es, dass Unternehmen die im Sinne dieses Gemeinwohls agieren, gefördert werden während andere, die ohne Rücksicht auf Mensch und Natur ihren Gewinn maximieren und diese Kosten auf die Gesellschaft abwälzen, entsprechend bestraft werden. Ich stelle mir das konkret so vor, dass – nennen wir sie gesellschaftlich wertvolle Unternehmen – weniger Steuern zahlen und höhere Förderungen erhalten. Dies erscheint im ersten Moment ein sehr revolutionärer Gedanke zu sein, aber je intensiver man sich damit beschäftigt, desto mehr merkt man, dass das ganze absolut Sinn macht.

 

 

Es fällt auf, dass die Ihre Kandidatenliste der Wahlliste „Rivoluzione Civile“ genderkonform ist wie keine andere: fünf Frauen und fünf Männer kandidieren für die Kammer, zwei Frauen – davon eine mit Migrationshintergrund – und ein Mann kandidieren für den Senat. Achten Sie in Ihrer Partei besonders auf die Chancengleichheit?

Die Vertretung ist genauso wie Sie sagen. Die Spitzenkandidatin im Trentino ist eine Frau italienischer Muttersprache, der Spitzenkandidat in Südtirol bin ich, ein Mann deutscher Muttersprache. Unsere Bewegung will ein Spiegel unserer Gesellschaft sein. Alle KandidatInnen durchliefen einen sehr strengen Selektionsprozess.

Bedauerlicherweise haben wir in so kurzer Zeit keine/n Kandidat/in ladinischer Muttersprache finden können. Das finde ich sehr schade. Aber da es der erste Auftritt unserer Bewegung ist hoffe ich, dass wir sehr schnell wachsen werden und sich dieses Problem beim nächsten Mal nicht mehr stellt. Ich glaube, es ist die gleichberechtigte Vertretung der Geschlechter, die zu dieser schönen Harmonie in der Gruppe führt die wir haben und – was ich besonders schätze – den sehr respektvollen Umgang miteinander.

 

Christine Kofler