Der 100. Todestag von Franz Kafka jährt sich am 3. Juni. Am vergangenen 30. Mai brachte der vielseitige österreichische Schauspieler Philipp Hochmair in der Gärtnerei Schullian Kafkas epochales Werk „Amerika“ auf die Bühne. Fast im Sekundentakt wechselte er die Rollen. In einem facettenreichen Solo spielte er den Protagonisten Karl Roßmann und schlüpfte in weitere Figuren, um Kafkas Roman gerecht zu werden. Das Publikum resonierte mit tosendem Applaus und 4.405 Euro für das Nachtquartier für obdachlose Menschen dormizil in Bozen. Der Gärtnerin Martina Schullian ist es zum wiederholten Mal gelungen, den bekannten Schauspieler, der heuer bei den Salzburger Festspielen den „Jedermann“ gibt, auf die Bühne ihrer Gärtnerei zu holen.
Von den Eltern aus Europa vertrieben, erlebt der 16-jährige Karl Roßmann in Amerika nicht die gewünschte Verheißung, sondern den sozialen Abstieg. Durch sonderbare Zufälle findet er zwar seinen reichen Onkel, der ihn fördert. Doch unglückliche Umstände, Ungerechtigkeiten und die eigene Gutgläubigkeit stürzen den Jungen in zunehmend ausweglose Situationen. Die Reise des Auswanderers findet in der Inszenierung von Bastian Kraft im Kopf des Schauspielers statt: Von der Einfahrt in den Hafen New Yorks bis zur finalen Zugfahrt zum großen Naturtheater von Oklahoma ist es die Odyssee eines Anschlusssuchenden. Die Hoffnung bleibt. Karl Roßmann verzweifelt nicht an der eigenen Isolation und findet am Ende im Theater Oklahomas vielleicht sogar jenes Zuhause, nach dem er fortwährend suchte.
Trotz strömenden Regens sind 190 Menschen in die Gärtnerei Schullian nach Bozen gekommen. Interessiert und mit tosendem Applaus folgten sie dem virtuosen Spiel des Österreichers. Martina Schullian, Mitglied des Vereins „housing first bozen EO“, der das Nachtquartier für obdachlose Menschen dormizil führt, und Paul Tschigg, Vorstandsmitglied des Vereins, erzählten vor der Aufführung von der Situation odachloser Menschen in Bozen und über deren Ausgrenzung und Isolation. Die Teilnehmenden spendeten im Anschluss 4.405 Euro für das „dormizil“.
Der vielseitige österreichische Schauspieler Philipp Hochmair ist 2018 bei den Salzburger Festspielen für den erkrankten Tobias Moretti in Hugo von Hofmannstahls “Jedermann” eingesprungen, 2024 gibt er diesen dort offiziell. Der Vielkönner Hochmair wirkte in zahlreichen Theaterproduktionen mit, darunter “Werther!”, “Der Prozess”, und “Lenz”. Neben seiner Theaterarbeit ist Philipp Hochmair auch in Film und Fernsehen aktiv. Er war unter anderem im Kinofilm “Ich war noch niemals in New York” (2019), in mehreren ARD-“Tatort”-Krimis und in der Rolle des Politikers “Joachim Schnitzler” in der ORF-Serie “Vorstadtweiber” zu sehen. Seit 2020 spielt er in der Serie “Freud” mit. Im Januar 2022 war Hochmair in der Rolle als SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich im ZDF-Historienfilm “Die Wannseekonferenz” zu sehen. Für seine schauspielerischen Leistungen wurde er mehrfach ausgezeichnet (unter anderem 2017 mit der Grazer Diagonale, 2019 und 2022 mit der Romy).