Professoren Caia und Cortese stellen im Landtag ihr Gutachten „Hypothese zur Umsetzung eines landesweiten Systems für elektrische Energie und Fernwärme“ vor. „Eigene Landesenergiebehörde wäre demnach möglich, wobei der wohl erfolgversprechendste Weg dorthin der politische wäre“, so Ausschussvorsitzender Locher.
Der II. Gesetzgebungsausschuss des Landtags ist heute unter dem Vorsitz von Franz Locher zusammengekommen, um Giuseppe Caia (Ordentlicher Professor für Verwaltungsrecht, Universität Bologna) und Fulvio Cortese (Ordentlicher Professor für Verwaltungsrecht, Universität Trient) zum Thema „Die Bewertung der Möglichkeit zur Realisierung einer Landesenergiebehörde“ anzuhören. Dabei stellten die beiden Juristen auch das von ihnen im Auftrag der Landesregierung erstellte Gutachten „Hypothese zur Umsetzung eines landesweiten Systems für elektrische Energie und Fernwärme“ vor.
„Wohl wichtiges Fazit der Anhörung war“, berichtete Ausschussvorsitzender Locher, „dass eine eigene Südtiroler Landesenergiebehörde möglich wäre, wobei der wohl erfolgversprechendste Weg dorthin der politische wäre.“ Bei diesem Vorgehen ginge es darum, auf dem höchstmöglichen politischen Level zu intervenieren und einen Prozess in Gang zu setzen, um diese Kompetenz vom Staat übertragen zu bekommen. Weitere Wege wären den beiden Professoren zufolge jener über eine Durchführungsbestimmung oder über eine Änderung des Autonomiestatuts. „Wobei diese beiden Möglichkeiten von den Experten als riskanter als die erstgenannte eingeschätzt werden“, unterstrich Locher.
Auch hingewiesen hätten die Professoren darauf, so Locher weiter, dass die Artikel 12 und 13 des Autonomiestatuts, die den Bereich der Konzessionen für große Wasserableitungen zur Erzeugung elektrischer Energie regeln, einer Anpassung bedürften. „Dies, weil sich die Rahmenbedingungen seit 1972, als das zweite Autonomiestatut in Kraft getreten ist, geändert haben: Der Strom spielt heute eine andere Rolle als damals; einerseits hat es die Liberalisierung des Strommarktes gegeben, und andererseits eine erneute Regulierung, weil Produktion und Verteilung nicht mehr in einer Hand sein dürfen.“
Angesprochen wurde zudem das Gutachten der Professoren Peter Hilpold (Universität Innsbruck) und Paolo Piva (Universität Padua), das sich mit demselben Thema befasst, wie jenes der beiden heute angehörten Fachleute. „Beide Gutachten kommen zwar zum Schluss, dass eine eigene Regulierungsbehörde für Südtirol möglich wäre“, führte Locher aus. „Der große Unterschied ist, dass Hilpold/Piva sagen, dies wäre mit Landesgesetz möglich, Caia/Cortese davon aber entschieden abraten und den Weg über staatliche Regelungen empfehlen.“ Zudem basiere das Gutachten Caia/Cortese nicht ausschließlich auf gesetzliche Normen, sondern auch auf Urteile des Verfassungsgerichtshofs.
Bezüglich Fernwärme, ein Bereich, der ebenso in die Zuständigkeit der staatlichen Regulierungsbehörde Arera fällt und im Gutachten der Professoren Caia und Cortese behandelt wurde, hätten die Experten heute erklärt, so Locher, „dass es für den Bereich der Anlagen, die auf fossile Brennstoffe setzen, wohl keinen Südtiroler Weg geben kann, sehr wohl aber für jene, die mit Biomasse arbeiten.“ Es gelte hier eine Strategie auszuarbeiten und mit einer Sondierung des Terrains auf staatlicher Ebene zu beginnen. Dies würde Professor Caia zufolge keine Sicherheit beim Ergebnis bieten, sei aber eine Möglichkeit.
Abschließend unterstrich Ausschussvorsitzender Locher noch die zentrale Rolle der Wasserkraft in Südtirol, wo zwei Mal so viel Energie produziert wie verbraucht werde. „Durch die Rückhaltebecken, in denen das Wasser gespeichert wird, kann die Stromproduktion auch in niederschlagsärmeren Zeiten erfolgen.“ Durch Wasserkraft erzeugter Strom sei umweltfreundlich und sauber, sogenannter „grüner Strom“.
Im Bild die Professoren Giuseppe Caia (1. Reihe, 4. v.l.) und Fulvio Cortese (1. Reihe, 5. v.l.) mit Ausschussvorsitzendem Franz Locher (1. Reihe, 3. v.l.) und den anderen Teilnehmern der Anhörung im II. GGA/c-Landtag/Werth