Handel: Weniger Geschäfte, aber mehr Beschäftigte – „Ein Risiko für das soziale Gefüge“

Die Schilder erlöschen, aber die Handelsbranche verzeichnet dennoch einen Anstieg der Beschäftigtenzahl. Diese scheinbar widersprüchliche Entwicklung geht aus einer Studie von Federdistribuzione und PwC Italia hervor und spiegelt auch die Lage in Südtirol wider. Eine Analyse dazu liefert Mirco Benetello, Direktor von Confesercenti: „In den letzten zehn Jahren sind in Italien 157.000 Handelsbetriebe aus dem Handelsregister verschwunden, gleichzeitig ist die Zahl der Beschäftigten in diesem Sektor um 188.621 gestiegen, was einem Plus von 6 % entspricht. Das zeigt, dass der Arbeitsmarkt vor allem in größeren Handelsketten leistungsfähiger ist. Offensichtlich leidet das System der kleinen Einzelhändler zugunsten einer stärkeren Eingliederung von Arbeitskräften in größere Unternehmensstrukturen, häufig in Form von Angestelltenverhältnissen. Dies

ermöglicht eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung und kommt insbesondere der jüngeren Generation entgegen, die eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit anstrebt. In diesem Zusammenhang verfügen größere Unternehmen über mehr Möglichkeiten als kleine Läden.“

Ein weiteres Indiz stützt diese Analyse: „86,5 % aller Beschäftigten haben einen unbefristeten Arbeitsvertrag – das sind 3 % mehr als der nationale Durchschnitt. Auch diese Zahl zeigt, dass größere Marktakteure ein breiteres Angebot an Beschäftigungsmöglichkeiten bieten als kleine oder mittelständische Unternehmen.“

Der Handel steuert somit auf eine Zukunft mit wenigen großen Unternehmen und einer Vielzahl von Angestellten zu – ein Modell, das eher der industriellen Welt ähnelt. „Der Handel“, so Benetello abschließend, „kann jedoch nicht auf eine seiner wesentlichen Eigenschaften verzichten: die soziale Interaktion. Kleine und mittlere Unternehmen bilden ein Beziehungsgeflecht, das durch diese beiden Makrotrends – den Rückgang der Einzelhändler und den Anstieg der Beschäftigtenzahl – unter Druck gerät. Zudem darf man nicht die Rolle kleiner Geschäfte als ‚Wächter‘ für Sicherheit und Lebensqualität in den Straßen vergessen – ein Aspekt, den große Handelsketten kaum gewährleisten können. Wenn für einen jungen Menschen eine Zukunft als Angestellter wird als die Herausforderung des eigenen Unternehmertums, riskieren wir auf lange Sicht, uns in  einer gesamtwirtschatflichen Verarmung wiederzufinden.