Gaming Disorder & sozialer Rückzug, Pathologie oder soziale Herausforderung

Gaming Disorder wird als Suchterkrankung betrachtet, ähnlich wie pathologisches Glücksspiel. Beide Störungen haben vergleichbare Symptome. Bei 60% der Fälle treten zudem andere psychische Störungen auf, was die Diagnosestellung erschwert. Für die Diagnose sind strukturierte Interviews und spezielle Tests entscheidend.

Gaming Disorder und das Hikikomori-Syndrom werden häufig verwechselt. Beide Störungen zeigen ähnliche Merkmale, wie das Verweilen im Haus und eine Veränderung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Allerdings nutzen nur 30 Prozent der Hikikomori (kommt vom japanischen Wort für „sich zurückziehen“) das Internet exzessiv. Während bei Gaming Disorder das Eintauchen in die virtuelle Welt im Vordergrund steht, resultiert der Rückzug bei Hikikomori oft aus sozialen Schwierigkeiten. Videospielsüchtige konzentrieren sich häufig auf ein bestimmtes Spiel, während Hikikomori verschiedene Spiele und Avatare nutzen, da ihre Identität weniger klar definiert ist. Insgesamt zeigen sich also unterschiedliche Hintergründe dieser beiden Störungen.

In der Therapie ist es wichtig, sowohl psychologische als auch erzieherische und soziale Unterstützung anzubieten. Besonders bei jüngeren Betroffenen spielt die Einbeziehung der Eltern eine zentrale Rolle und trägt zum Erfolg der Behandlung bei. Die Behandlung zielt darauf ab, soziale Fähigkeiten, Selbstbewusstsein und den Umgang mit Emotionen zu verbessern. Gruppen- und Einzelangebote unterstützen die jungen Menschen, ihre Lebenssituation zu verändern.

Am Freitag, 11. Oktober 2024 findet bei Politermica in der Keplerstraße 7 in Bozen von 9 bis 13 Uhr eine Tagung für Fachleute statt, die sich mit Gaming Disorder und sozialem Rückzug von jungen Menschen befasst. Es referieren die Psychologin und Psychotherapeutin Giulia Tomasi von AMA in Trient und Psychologe und Psychotherapeut Oskar Giovanelli, Koordinator des Ambulatoriums „YoungHANDS“ des Vereins HANDS Onlus in Bozen.

Programm:

9 Uhr: Eröffnung

9.10 Uhr: Giovanelli Oskar: “Neue Medien und Gaming Disorder, Komorbiditäten, Diagnostik“

9.50 Uhr: Giulia Tomasi: “Criteri diagnostici differenziali e l’impatto sociale nel lavoro con famigliari sul tema delle Internet Addiction nella Prov. Trentino”

10.30 bis 10.50 Uhr: Pause

10.50 bis 13 Uhr Diskussion und Austausch

Das Interesse der Fachleute ist groß. Mehr als 70 Personen haben sich bereits angemeldet.

Giulia Tomasi ist Psychologin und Psychotherapeutin. Sie hat sich auf konstruktivistische Psychotherapie spezialisiert und verfügt über zwei Masterabschlüsse: einen zu den Entwicklungskrisen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, insbesondere zu Themen wie sozialem Rückzug und dem Hikikomori-Syndrom und einen zu Verhaltenssüchten wie Gaming und Internetabhängigkeit. Derzeit arbeitet sie sowohl privat als auch als Dozentin und ist bei der A.M.A.-Vereinigung in Trient für die Bereiche „Glücksspiel: Therapie und Prävention“ sowie „Hikikomori und sozialer Rückzug“ zuständig.

Oskar Giovanelli ist Psychologe und Psychotherapeut. Er hat Psychologie in Wien studiert und erhielt 2003 die Anerkennung seines Titels als „Dr. der klinischen und Sozialpsychologie“. Seine Ausbildung in Kognitiver Verhaltenstherapie absolvierte er von 2008 bis 2011, gefolgt von einem internationalen Master in Psychotherapie und Beratung von Suchterkrankungen zwischen 2014 und 2015. Seit Januar 2019 ist er Koordinator des Ambulatoriums „YoungHANDS“ für den Verein Hands Onlus. 

Im Bild: Oskar Giovanelli