„Ist es wirklich nur gefrorenes Wasser, das in den natürlichen Kreislauf eingespeist wird?“ Zu dieser Frage und dazu, welche Konsequenzen die Kunstschneeproduktion mit sich bringt, lieferten Silvia Simoni, Gianluca Vignoli und Elide Mussner am 19.4.2024 dem interessierten Meraner Publikum differenzierte Antworten.
Für den Meraner Umweltverein AmUm MeranO EO, der den Vortrag im Kulturzentrum organisiert hatte, sprechen die Antworten für sich: Künstliche Beschneiung und Pistenpräparierung führen zu einer Verarmung des Bodens und der Vegetation und einer Erhöhung des Erosionsrisikos. „Es handelt sich um Effekte, die dazu beitragen, das empfindliche Gleichgewicht des alpinen Ökosystems angesichts der Klimaerwärmung zu stören“ so die Erkenntnis der AmUm-Vorsitzenden, Carla Molinari.
Laut dem Bericht NEVE DIVERSA2023 von Legambiente beträgt der durchschnittliche Temperaturanstieg für Hafling 2,2°. Im Sommer 2023 lag die die Nullgradgrenze über 5.000 m (Ansa.it); auf der Marmolada wurden +13 Grad gemessen (Repubblica.it).
„Über die Auswirkungen von künstlicher Beschneiung auf unsere Umwelt gibt es sehr wenig Informationen und Transparenz“ erklärt Elide Mussner; us diesem Grund hat die Tourismusexpertin aus dem Gadertal im Sommer 2023 eine Arbeitsgruppe mit den Umweltingenieur*innen Silvia Simoni und Gianluca Vignoli ins Leben gerufen. Ziel der Arbeitsgruppe war es auf der Basis wissenschaftlicher Studien einen konstruktiven Diskurs zu führen über die Auswirkungen von Kunstschnee auf die Umwelt und über die zukünftige Entwicklung des Wintertourismus.
Anhand von Studien, die in den Alpen in unterschiedlichen Höhenlagen (zwischen 1000 und 2500 m) durchgeführt wurden, zeigten die Referent*innen die Auswirkungen der künstlichen Beschneiung, des Pistenbaus und der Pistenpräparierung auf den Boden, die Vegetation und die Artenvielfalt – kurz auf das alpine Ökosystem. Zu den Auswirkungen auf die Umwelt kommt der massive Energieverbrauch der Skiindustrie hinzu: „Der Energieverbrauch der Skiindustrie hat sich von 2000 bis 2020 auf 134 Millionen kWh mehr als verdoppelt. Für 2020 entspricht dies dem Energieverbrauch von 150.000 Menschen in einem Jahr“ erklärten Silvia Simoni und Gianluca Vignoli. Diese Energie wird im Winter verbraucht, wenn die Produktion aus erneuerbaren Quellen (Photovoltaik, Wasserkraft) am geringsten ist.
„Der Skitourismus habe eine große wirtschaftliche Bedeutung und in der Vergangenheit für wirtschaftlichen Aufschwung in Südtirol gesorgt. „Heute jedoch“ empfiehlt Elide Mussner „sollten wir jedoch kritisch hinterfragen, welche Perspektiven ein solcher Tourismus hat, der negativ auf die Umwelt einwirkt“.
Für den Blick in die Zukunft kann angesichts der klimatischen Herausforderung die Lösung nicht in einem ständigen Ausbau der Infrastruktur für die Erzeugung von Kunstschnee liegen. „Es ist höchst an der Zeit, neue Wege zu suchen: für einen verantwortungsvolleren Umgang mit den Ressourcen und mehr Widerstandsfähigkeit gegenüber klimatischen Phänomenen,“ resümieren die Referent*innen mit den Organisator*innen der Informationsveranstaltung.