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„Verkehr ist kein Schicksal“

25 Gennaio 2020

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„Verkehr ist kein Schicksal“

Die Veranstaltung der Umweltschutzgruppe Vinschgau: „Verkehrsprojekte im Vinschgau. Wohin geht die Reise“ lockte zahlreiche Interessierte nach Schlanders. Ein Abend mit Fortsetzungspotential.     

Der zur Begrüßung von der Vorsitzenden der Umweltschutzgruppe Vinschgau, Ingrid Karlegger, geäußerte Wunsch, dass die Informationen der beiden Verkehrsexperten, Helmut Moroder und Hermann Knoflacher ein breites Publikum erreichen und lebhafte Diskussionen in Gang setzen mögen, wurde am Abend des 23. Januar erfüllt.

SCHON LANGE EIN THEMA DER USGV
Zahlreiche Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, Bürgerinnen und Bürger etlicher Vinschgauer Gemeinden und aus Nauders/Tirol und dem angrenzenden Engadin kamen zur Veranstaltung, die mit den Referenten Hermann Knoflacher und Helmut Moroder sowie den Podiumsgästen Roselinde Koch, Andreas Tappeiner, Hanspeter Staffler und Ulrich Veith die Informationslücke rund um die zahlreichen Pläne und Projektvorhaben auf Straßen und Schienen im Vinschgau schließen wollte. Um den Verkehr im Vinschgau sorgen sich die Umweltschützer des Tales seit langem: Einige Vertreter der Gruppe, die 1981 gegründet wurde, machten bereits Ende der 1970er gegen die Pläne einer Autobahn von Mailand nach Ulm mobil, zwischen 1998 und 2005 arbeitete die USGV an der Wiedergeburt der nun erfolgreichen Vinschgerbahn, am ersten Südtiroler Verkehrskonzeptfür für einen Bezirk, – in diesem Fall der Vinschgau – das von Hermann Knoflacher ausgearbeitet wurde, arbeitete sie 2005 mit. 2013 kam die Unterschriftensammlung für die Elektrifizierung der Vinschgerbahn.

DEUTLICHE VERKEHRSZUNAHME IM VINSCHGAU
Die Zunahme des Individualverkehrs im Vinschgau ist für die Bewohnerinnen und Bewohner spürbar, die Zahlen beweisen, sagte Helmut Moroder, dass es von 2002 bis 2018 eine durchschnittliche Zunahme des Straßenverkehrs um 20 Prozent im Vinschgau gab. Touristen haben einen großen Anteil, wenn man bedenke, dass alleine zwischen 1990 bis 2018 die Übernachtungen um 30 Prozent, die Ankünfte und Abreisen jedoch um 85 Prozent gestiegen seien. Das Erfolgsmodell Vinschgerbahn hingegen befördere täglich 7.000 Personen, die geschätzte 5.400 Fahrzeuge von der Straße nähmen. Mit der Elektrifizierung der Bahn 2021 und der dadurch entstehenden erhöhten Auslastung könnten bis zu 17.000 Menschen die Bahn täglich nutzen; eine Einsparung von geschätzten 13.000 Fahrzeugen. Pro Tag!

Die am Abend bewerteten Projekte waren: 1. Die Umfahrung Forst – Töll – Rabland. 2. Die große Umfahrung im Obervinschgau: Schluderns – Glurns – Tartsch – Mals. 3. Die sich derzeit in Bau befindliche Umfahrung Kastelbell. 4. Die Untertunnelung des Stilfserjoch als Verbindung zwischen Veltlin und dem Vinschgau, eigentlich aber zwischen der Lombardei und Österreich/Deutschland.
Zur Untertunnelung sagte Moroder: „Ohne Autoverladezug gäbe es nicht genügend Nachfrage – und sieben Züge pro Tag sind nicht genug, um die Baukosten von 1.3 Milliarden Euro zu rechtfertigen. Doch davor, mehr Fahrzeuge von der Lombardei in den Vinschgau zu bringen, würde ich sehr wohl warnen.“ Das fünfte vorgestellte Projekt war die Aufwertung der Stilfserjochstraße als Erlebnisort. Moroder warnte nicht nur davor, das Stilfserjoch als UNESCO-Welterbe eintragen zu lassen, sondern erklärte, dass ein motoraffiner Tourismus, den auch keine Maut abschrecke, keineswegs zeitgemäß sei.

MENSCHENGEMACHT – ABER GEGEN DEN MENSCHEN UND SEINE UMWELT
Das große Ganze im Blick hatte der österreichische Verkehrsexperte Hermann Knoflacher: „Wir leben ja erst 70 Jahre in anthropozänen Zeitalter – auch der Individualverkehr ist im Verhältnis zur Menschheitsgeschichte sehr neu: Autoverkehr ist menschengemacht. Und der Vinschgau liegt mir am Herzen, weil es hier noch so viel zu zerstören gibt“. Seine Vorschläge lauteten: Man müsse die Strukturen ändern, dann erst ändere sich das Verhalten. Wenn die Autos nahe am Haus parken, die Bushaltestellen jedoch weit entfernt seien, werde jeder das Auto nehmen. Und ein Tempolimit von 30 kmh entlang der Dorfzentren würde auf der ganzen Vinschger Staatstraße von Reschen bis Meran nur 15 Minuten Verlängerung, für die Dorfbewohner jedoch eine enorme Entlastung bedeuten. Das bestätigte Bürgermeisterin Roselinde Koch; Taufers fahre mit den vorgeschriebenen 30 kmh die 2,5 Kilometer durch das Dorf durchaus gut. Auch BM Ulrich Veith sprach sich für die Stärkung der öffentlichen Verkehrsmittel aus und gab zu bedenken, dass sich die Ansichten rund um den Individualverkehr im Laufe der letzten zehn Jahre stark gewandelt hätten: „Für Anrainer müssen Lösungen gefunden werden“, Taufers sei ein gutes Beispiel. Vorwürfe, dass die Studie von 2005 kaum umgesetzt würde, erklärte Andreas Tappeiner damit, dass es Zeit für das Umsetzen brauche, an Elektro- und Wasserstoffmobilität müsse man ebenso denken.

GESTALTUNGSHOHEIT ÜBER DEN VERKEHR ZURÜCKGEWINNEN
Für Hanspeter Staffler war klar, dass der viele Verkehr auch durch Umfahrungen angezogen werde. „Es geht vor allem darum, die Gestaltungshoheit über den Verkehr zurückzugewinnen. Die Schweiz macht es vor: Es kommen nur eine gewisse Anzahl LKWs auf die Straße. Die anderen müssen auf die Schiene“. Vor Ort war auch der Kammerabeordnete Albrecht Plangger, derzeit auch Mitglied in einer Arbeitsgruppe Stilfserjoch. Er versicherte, dass keine Großprojekte auf den Vinschgau zukämen: „Die Galerien bei Graun müssen restauriert werden, die Latschander ist ein Sicherheitsprojekt. Die Verbindung mit der Bahn nach Scoul muss auch verwirklicht werden. Aber ansonsten kommt kein Großprojekt in den Vinschgau“.