Innsbruck. FORUM MIGRATION, Eröffnung mit Kabarett von Thomas Maurer am 18. Jänner 2018
Das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum verwandelt sich von 18. Jänner bis 18. Februar 2018 zu einem Ort für Veranstaltungen rund um das Thema Migration. Kabarett, Musik, Performances, Lesungen, Workshops, Diskussionen, Filme u. v. m. sind Teil eines vielfältigen Programms mit regionaler und internationaler Besetzung. Das Ferdinandeum präsentiert sich mit FORUM MIGRATION als Begegnungsraum, wo gesellschaftspolitisch relevante Themen diskutiert und umfassend hinterfragt werden sollen.
PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen, über die Veranstaltungsreihe: „FORUM MIGRATION ist der letzte Teil eines mehrjährigen Projekts zur Migrationsgeschichte Tirols und bildet einen fulminanten, vorläufigen Abschluss. Mit dem FORUM MIGRATION schaffen wir einen durchlässigen Übergang zwischen Museum und öffentlichem Raum und unterstreichen so die Rolle des Museums als dialogische Plattform.“
Dr. Helena Pereña und Mag. Katharina Walter, Mitglieder des Konzeptteams, betonen: „Wir haben das Veranstaltungsprogramm gemeinsam mit über 20 Kooperationspartnern erstellt. Durch diese Zusammenarbeit können wir ein vielfältiges, kostenloses Programm für ein breites Publikum anbieten.“ Sie fahren fort: „Ziel des FORUM MIGRATION ist es, die Rolle eines Museums unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen zu hinterfragen: Wen und was repräsentiert diese Institution? Wie können immaterielle Kulturentwicklungen im Museum berücksichtigt werden? Wie verhalten sie sich zum materiellen Kulturgut? Die Idee des Dialogs als wichtiger Auftrag eines modernen Museums ist tief im Konzept verankert.“
Fulminanter Auftakt
Als Auftakt der Veranstaltungsreihe steht am 18. Jänner (20 Uhr) Thomas Maurer auf der Bühne im Ferdinandeum. In seinem Programm „Tolerator“ beschäftigt sich der Kabarettist mit Toleranz und Intoleranz in Sachen Religion, politischer Überzeugungen, Ernährung und vielem mehr. Maurer verspricht einen unterhaltsamen Abend und die Ausreizung der eigenen Toleranzgrenzen. Die Zählkartenausgabe für die Veranstaltung findet von 9. bis 17. Jänner während der regulären Öffnungszeiten im Ferdinandeum statt. Pro Person können zwei Karten abgeholt werden.
Tagung
„100 Jahre Republik Österreich. Geschichte, Gegenwart und Zukunft von Migration, Flucht und Asyl“ ist der Titel einer Tagung im Rahmen der Veranstaltungsreihe. Die in Kooperation mit dem Zentrum für MigrantInnen in Tirol (ZeMiT) und der Universität Innsbruck organisierte Konferenz setzt am 23. Jänner mit Mark Terkessidis, deutscher Journalist, Autor und Migrationsforscher, einen besonders markanten und zugleich anregenden kritischen Auftakt. Am 24. Jänner werden verteilt über den Tag in vier Diskussionsrunden widersprüchliche Perspektiven zu Flucht und Migration – den oft blinden Flecken und zugleich integralen Bestandteilen der österreichischen Geschichte – angesprochen. Es diskutieren kritische Köpfe der Zivilgesellschaft am Podium und im Publikum mit WissenschaftlerInnen aus unterschiedlichen Disziplinen. Es geht um den Zusammenhang von Gegenwart und Vergangenheit, um die Geflüchteten der Jugoslawienkriege in den 1990er Jahren und jene des langen Sommers der Flucht 2015, zugleich auch immer um die Frage nach der Repräsentier- und Vermittelbarkeit von Migration im musealen Kontext.
Podiumsdiskussionen und Erzählcafés
Zwei Erzählcafés und eine Podiumsdiskussion werfen einen Blick darauf, wie das Thema Migration von Geflüchteten und von ExpertInnen aus Wissenschaft und Medien wahrgenommen wird. Am 19. Jänner findet ein Offenes Forum & Café zum Thema „Flucht: damals und heute“ statt. Darin erläutern Menschen, die im Zuge der Balkankriege flüchteten, und heutige Geflüchtete Fragen nach Strategien und Herausforderungen, die ein Neuanfang nach der Flucht mit sich bringt. Sónia Melo vom ZeMiT dazu: „In Zusammenarbeit mit dem Tiroler Integrationsforum – einem Bündnis aus 15 Organisationen, die im Bereich Migration und Flucht in Tirol tätig sind – werden wir in einem offenen Erzählcafé Fragen nach einem gelungenen, neuen Leben für Flüchtende aus dem Balkankrieg in den 1990er Jahren sowie Flüchtende aus Syrien und Afghanistan, die in den letzten Jahren Asyl erhalten haben, erörtern. Wie sind sie von der Zivilgesellschaft aufgenommen worden, was funktionierte, was nicht? Diesen Fragen gehen wir nach. Dazu kommen auch HelferInnen von damals und heute zu Wort und auch das Publikum ist eingeladen, sich an den Erzählungen zu beteiligen.“ Das Erzählcafé findet in Zusammenarbeit mit ZeMiT, Tiroler Integrationsforum und Initiative Minderheiten statt.
In einer Podiumsdiskussion am 17. Februar diskutieren ExpertInnen aus Wissenschaft und Medien über die Instrumentalisierung von Migration in der Politik in Österreich. Unter der Moderation von Irene Brickner (Der Standard) tauschen sich die Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak, der Sozial- und Meinungsforscher Christoph Hofinger, der Medienhistoriker Fritz Hausjell und die Journalistin Anneliese Rohrer (Die Presse) aus. Die Diskussion wurde in Zusammenarbeit mit ZeMiT, Tiroler Integrationsforum und Initiative Minderheiten Tirol organisiert.
Performances
Programmhighlights der Veranstaltungsreihe sind mitunter die Performances von KünstlerInnen wie Nezaket Ekici, Franz Wassermann oder Nicole Weniger. Die international renommierte deutsch-türkische Künstlerin Ekici beschreibt mit ihrer Darbietung ihren eigenen performativen Werdegang in den letzten 20 Jahren. Sie rekonstruiert dabei die Reisewege, die sie während der weltweiten Aufführung von über 200 verschiedenen Performances zurücklegte. Dabei tauchen verschiedene Fragen zur Erfahrung der Mobilität und deren sozialen Konventionen auf. Bei ihrer interaktiven Performance steht die Künstlerin auf einer weißen Plattform, von der aus sie ein Netz auf einer Holzplatte spinnt. Sie berichtet über ihre Arbeiten und flechtet anekdotenhaft Erfahrungen aus verschiedenen Ländern ein. Das Publikum kann der Künstlerin dabei helfen, die Orte auf der imaginären Karte zu bestimmen. Während der Performance entsteht ein Objekt. Die Arbeit wurde bereits live in Bangkok, Curitiba, Stuttgart und Karlsruhe aufgeführt.
Franz Wassermann arbeitet für seine Performance „SUUM CUIQUE: Jedem das Seine“ mit Menschen zusammen, die von Österreich illegalisiert und abgeschoben werden. Das Museum wird dabei zum Schutzraum, aus dem heraus sie Wort ergreifen können. Eine Leinwand an der Außenfassade des Ferdinandeum dient Wassermann als Kommunikationsfläche in den öffentlichen Raum. Die Aktion wird in Kooperation mit dem Verein FLUCHTPunkt umgesetzt.
Die Bäckerei goes Ferdinandeum
Während der Veranstaltungsreihe FORUM MIGRATION übersiedelt Die Bäckerei – Kulturbackstube ins Ferdinandeum. Der Verein schafft im Museum einen Begegnungsraum, wo Menschen sich willkommen fühlen sollen und selbst aktiv werden können. Darüber hinaus bringt sich das Team der Bäckerei in das Veranstaltungsmanagement ein. Täglich betreut die Bäckerei ein kleines SB-Café, vor und nach Veranstaltungen eine Bar mit Bedienung. Auch mehrere Veranstaltungsformate der Bäckerei finden im Jänner und Februar im Ferdinandeum statt. Die „Open Mic Session“ am 25. Jänner bringt MusikerInnen aus aller Welt ins Ferdinandeum. Bei einer „Dance Along Session“ am 14. Februar findet von 18 bis 19 Uhr ein Lindy Hop Schnupperkurs statt. Im Anschluss daran kommen auch Swing-Profis auf ihre Kosten.
Literatur am Sonntag
Vier Sonntage stehen ganz im Zeichen der Literatur. Die Lyrikerin Seher Çakir und der Autor Selim Özdoğan lesen aus ihren Werken und sprechen im Anschluss über ihre Zugänge zum Schreiben (21. Jänner). Literarische Positionen aus der Schweiz bilden den Mittelpunkt einer Lesung mit Melinda Nadj Abonji und Martin R. Dean (28. Jänner). Die beiden Lesungen wurden in Kooperation mit dem Literaturhaus am Inn organisiert. Im Rahmen des Projekts „Interkulturelles künstlerisches Schaffen“ des Vereins Alp-Inn werden am 11. Februar Werke von in Tirol lebenden SchriftstellerInnen vom Balkan, aus Russland, Afrika sowie dem Nahen Osten vorgetragen. Christian Kayed und Nurdan Yaldiz Mete erzählen auf Türkisch und Deutsch Geschichten aus aller Welt. Denis Mete begleitet sie auf der Oud und Ney (18. Februar).
Konzerte
Musik ist ein grundlegendes, verbindendes und bereicherndes Element in jeder Kultur. Im Rahmen des FORUM MIGRATION finden im Ferdinandeum Konzerte mit außereuropäischer Musik, die Winter-Edition von Echos der Vielfalt (3. Februar), ein Auftritt des wienerischtürkischen Rap-Duos EsRap (10. Februar) u. a. musikalische Darbietungen statt.
Film
Vier Filmabende und der „Lange Tag des Films“ widmen sich Spiel- und Dokumentarfilmen zum Thema Migration und Flucht. Zu sehen sind u. a. „Gegen die Wand“, „Zoomania“, „Le Havre“, „Revanche“, „Widerklang der Seele“, „Brenner/Brennero“, „Diesen Winter bleiben wir noch“ und „My Story“.
Modeschau
In einem Workshop mit der Gemeinschaft Dyke & Friends (Nigeria) beschäftigten sich die SchülerInnen der Modeferrari Innsbruck mit Afrika, Textilien, Farben und speziell mit Nigeria. Ihre Eindrücke verarbeiteten sie in Entwürfe, die sie im Rahmen einer Modeschau am 1. Februar im Ferdinandeum präsentieren. Musikalisch umrahmt wird die Modeschau von Ayakata Dance Group of Africa und DJ Ina.
Poetry Slam
Ein von Markus Koschuh moderierter Poetry Slam steht unter dem Motto „Poetry SlaMuseum: Hier geblieben!“ Die Tiroler Poetry Slam-Szene füllt das Ferdinandeum mit lebhaften Worten zum aktuellen Programmschwerpunkt (31. Jänner).
Über 60 Veranstaltungen bei freiem Eintritt
Neben diesen ausgewählten Highlights wird ein reichhaltiges Angebot an Workshops, Diskussionen und Führungen geboten. Für Schulklassen von der 1. bis zur 13. Schulstufe hält FORUM MIGRATION spezielle Programmpunkte bereit. Mit dem Verein Frauen aus allen Ländern wurden Unterrichtsmaterialien für das Ferdinandeum entwickelt: „Sprache lernen im Museum“ ermöglicht TrainerInnen für Deutsch als Zweitsprache und ihren Lernenden einen kreativen Zugang zur Sprache. Ab 18. Jänner stehen die Materialien als kostenloser Download auf der Website der Tiroler Landesmuseen zur Verfügung.
Während der Laufzeit des Projekts ist der Eintritt ins Ferdinandeum frei und alle Veranstaltungen des Rahmenprogramms können kostenlos besucht werden. FORUM MIGRATION vereint insgesamt über 60 Veranstaltungen.
Kooperationspartner
FORUM MIGRATION wurde in Kooperation mit dem Zentrum für MigrantInnen in Tirol (ZeMiT) und der Abteilung Gesellschaft und Arbeit, Integration des Landes Tirol konzipiert. Die Umsetzung erfolgt in Zusammenarbeit mit zahlreichen PartnerInnen und lokalen Kulturorganisationen:
ARGE Volkstanz Tirol, Die Bäckerei – Kulturbackstube, Dyke & Friends (Nigeria), Ferienzug der Stadt Innsbruck, Ferrarischule Innsbruck, FLUCHTPunkt, Verein Frauen aus allen Ländern, Haus der Begegnung Innsbruck, Initiative Minderheiten Tirol, Kindervilla, Landesschulrat für Tirol, Literaturhaus am Inn, Sezonieri-Kampagne für die Rechte der Erntehelfer_innen in Österreich, Stadt Innsbruck, Tiroler Integrationsforum, Universität Innsbruck (Institute für Zeitgeschichte und Erziehungswissenschaft und Zentrum für Migration & Globalisierung), Universität Mozarteum Salzburg, Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung, Verein Alp-Inn, Verein KUD Croatia, Verein Multikulturell.
Im Bild: Lissie Rettenwander, das Lied von der Globalisierung spielend/c-Daniel Jarosch