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Innsbruck. Altar von Schloss Tirol wieder im Ferdinandeum zu sehen.

15 Febbraio 2017

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Innsbruck. Altar von Schloss Tirol wieder im Ferdinandeum zu sehen.

Neues Forschungsprojekt zu Juwel der Tiroler Kulturgeschichte gestartet.   

Der Altar von Schloss Tirol ist in mehrerlei Hinsicht ein Juwel: als Meisterwerk gotischer Kunst, als Dokument der Tiroler Landesgeschichte und als frühes Sammlungsinventar des Ferdinandeum. 1370/72 entstanden, gilt er als der älteste, weitgehend vollständig erhaltene Flügelaltar des Alpenraums. Eingebettet in ein Forschungsprojekt ist der Altar nun wieder im Ferdinandeum zu sehen.

Im April 2016 fiel der Startschuss für ein von den Tiroler Landesmuseen initiiertes Forschungsprojekt mit dem Ziel, durch moderne kunsttechnologische Untersuchungsmethoden neue Erkenntnisse über den Altar von Schloss Tirol zu gewinnen sowie den Austausch unter internen und externen ExpertInnen anzuregen.

„Der Altar von Schloss Tirol ist aufgrund seiner politischen Funktion und künstlerischen Gestaltung ein kulturgeschichtlich hochinteressantes Objekt, zu dem es noch viel zu erforschen gibt. Mit seiner Neupräsentation im Ferdinandeum wollen wir unsere Untersuchungen einem breiten Publikum zugänglich machen“, hält PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen, fest. „Die Ergebnisse des Forschungsprojekts werden im Ausstellungsraum nach und nach Spuren hinterlassen und in einer Publikation münden“, betonen Mag. Claudia Mark und Dipl. Restauratorin Laura Resenberg, die gemeinsam mit dem Direktor das Projekt wissenschaftlich koordinieren.

Das Forschungsprojekt

Die bislang einzige umfassende Monografie zum Altar von Schloss Tirol wurde 1948 von Vinzenz Oberhammer, damals Kustos des Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, publiziert. In den darauffolgenden 70 Jahren beschäftigte sich die Forschung vor allem mit der liturgischen und politischen Funktion des Altars, seinem Bildprogramm und der wechselvollen Geschichte seiner Provenienz.

In Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt initiierten die Tiroler Landesmuseen 2016 ein neues, mehrjährig angelegtes Forschungsprojekt zum Altar von Schloss Tirol mit dem vorrangigen Ziel, durch moderne kunsttechnologische Untersuchungsmethoden neue Erkenntnisse zur materiellen Zusammensetzung und Entstehungsgeschichte des Altars zu gewinnen. Außerdem soll ein zukunftsweisendes Konzept für die Konservierung bzw. Restaurierung des wertvollen Kulturguts entwickelt werden.

Was ist auf dem Altar zu sehen?

Im geöffneten Zustand zeigt der Altar einen Marienzyklus, der mit der Verkündigung am linken Flügel oben beginnt, sich in Heimsuchung und Geburt Christi an den Nischenflügeln fortsetzt, dann  – mit der Anbetung der Könige – wieder zum linken Flügel zurückkehrt und am rechten Flügel mit Tod und Krönung der Muttergottes schließt. In den Wimpergen befinden sich die Brustbilder der Heiligen Katharina, Ursula, Margarete und Elisabeth. In der leeren Mittelnische stand ursprünglich eine Skulptur, die heute nicht mehr existiert. Sie bildete das Zentrum des Flügelaltars und den inhaltlichen Kern des Bildprogramms. Vermutlich handelte es sich um eine sitzende Madonna mit Kind. Bei geschlossenen Flügeln zeigt der Altar Maria und Johannes, deren Klagegesten sich auf ein ursprünglich über die Fuge gehängtes, plastisches Kruzifix beziehen.

Kulturgeschichtlich interessante und realistische Details ergänzen die Darstellungen des Marienzyklus. Die Szene mit dem Marientod zeigt zum Beispiel einen Apostel, der sich beim Lesen eines Buches eine Nietbrille vor seine Augen hält. Die Darstellung dieser Sehhilfe gilt als eine der ältesten in Europa. Aber auch Details wie die karierten Polsterbezüge, die auf das Geburtslager hingebreiteten Beinlinge Josefs oder der Mus kochende Josef liefern spannende kulturgeschichtliche Verweise.

Politisches Manifest

Zugleich ist der Altar von Schloss Tirol als politisches Manifest ein Denkmal für die Geschichte des Landes Tirol. Wappen, der Tiroler Adler und der österreichische Bindenschild weisen u. a. auf die Anbindung Tirols an das Haus Habsburg hin. Der Altar wurde vor 1373 von Herzog Albrecht III. und Herzog Leopold III. für die Kapelle des Schlosses Tirol, des Stammsitzes und der Residenz der Grafen von Tirol, gestiftet. Die beiden Habsburger hatten Tirol von ihrem Bruder Rudolf IV. erhalten, dem die Grafschaft wiederum 1363 von Margarete „Maultasch“ übergeben worden war.

Kratzinschriften auf der Rückseite

Auf seiner Rückseite weist der Altar insgesamt über 260 Inschriften auf, die in den mit roter Farbe überstrichenen Kreidegrund eingeritzt wurden. Die Ritzungen datieren von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Initialen, Wappen, Sinnsprüche, ja ganze Namen mit Funktionen ihrer Träger belegen die Bedeutung, die dem Altar beigemessen wurde – und zugleich das immer wiederkehrende Bedürfnis der Menschen, sich zu verewigen. Die Inschriften werden im Laufe des Forschungsprojekts untersucht.

Kunsttechnologische Untersuchungen

Die Darstellungen auf dem Altar sind bereits sehr gut analysiert, aber auf restauratorisch-konservatorischer beziehungsweise kunsttechnologischer Ebene liegen zu diesem wichtigen Objekt noch keine Forschungsergebnisse vor. In interdisziplinärer Zusammenarbeit von HistorikerInnen, KunsthistorikerInnen, KunsttechnologInnen und NaturwissenschaftlerInnen wird der Altar nun dahingehend untersucht.

In einer ersten Phase im Frühling 2016 wurde eine Bestandserfassung des Altars vorgenommen. Ziel war es, die Herstellung des Altars und seine Konstruktion zu verstehen. Dazu wurden Röntgenaufnahmen des Objekts angefertigt. Des Weiteren wurde ein 3D-Modell des Altars erstellt. Es stellte sich heraus, dass der Altar von Schloss Tirol aus einer sehr einfach genagelten Kiste ohne konstruktive Holzverbindungen besteht. Die unteren Profilleisten an beiden Seitenflächen des Altarschreins sind eindeutig spätere Ergänzungen.

In der nächsten Phase soll die Oberflächengestaltung des Altars untersucht werden. Durch spezielle Verfahren wie UV- oder hochauflösende Infrarotaufnahmen sollen die spezifische Maltechnik des Meisters, Beschädigungen und spätere Ergänzungen erkannt und unterschieden werden. Mit stereomikroskopischen Untersuchungen will man Informationen zu den Farbschichten, Vergoldungen, Versilberungen und Punzierungen gewinnen. Zentrale Fragestellungen dabei sind, ob sich aufgrund dieser Untersuchungen das Objekt hinsichtlich seiner Entstehung zeitlich und regional näher bestimmen lässt und wie der Altar ursprünglich ausgesehen haben mag.

In einer dritten und zugleich letzten bis 2020 angelegten Projektphase soll die Konzepterstellung für eine Konservierung bzw. Restaurierung und dessen Umsetzung erfolgen.

Die Präsentation im Ferdinandeum

Für die neue Präsentation des Altars von SchIoss Tirol wurde in der Schausammlung im ersten Obergeschoß des Ferdinandeum ein neuer Raum geschaffen, der von Claudia Mark in Zusammenarbeit mit Christian Höller und Günter R. Wett konzipiert und gestaltet wurde. Zuerst treten die BesucherInnen an die hinterleuchteten Röntgenaufnahmen des Altars. Diese für MuseumsbesucherInnen ungewöhnlichen Bilder sorgen für eine erhöhte Aufmerksamkeit und locken in den geheimnisvoll dunkel gehaltenen Raum. Erst wenn man die Röntgenaufnahmen passiert hat, wird das Meisterwerk sichtbar. Der Altar steht frei im Raum, er ist von allen Seiten einsehbar. Erstmals können so die Inschriften auf der Rückseite auch von den BesucherInnen betrachtet werden. Durch eine akzentuierte Beleuchtung kommt das Kunstwerk bestens zur Geltung.

Auf einem Studientisch liegt die bislang veröffentlichte Forschungsliteratur bereit. Auf einem Möbelstück unter dem Röntgenbild werden mit Abbildungen, Berichten etc. Forschungsfragen definiert und Ansätze aufbereitet. Neues Forschungsmaterial wird hier laufend ergänzt werden. Die Präsentation des Altars von Schloss Tirol im Kontext des offenen interdisziplinären Prozesses soll deutlich machen, dass die Tiroler Landesmuseen ein lebendiger Ort der Forschung sind. Die BesucherInnen können hier tief in die Welt der Restaurierung und Forschung rund um den Altar von Schloss Tirol eintauchen und gleichzeitig eines der wichtigsten Objekte der Tiroler Kulturgeschichte in seiner ganzen Pracht bewundern.

Forschungsprojekt online verfolgbar

Damit eine möglichst breite Öffentlichkeit am Forschungsprojekt Anteil haben kann, wird ein Blog laufend über den Fortschritt des Projekts berichten. Auf dem Blog finden sich auch Informationen zur Geschichte des Altars, seine „Reise“ wird auf einer Karte veranschaulicht. Interessierte können sich in Form von Kommentaren am Diskurs beteiligen.

Blog online unter: http://altar.tiroler-landesmuseen.at

Rahmenprogramm

Begleitet wird das Forschungsprojekt durch Expertengespräche, Führungen, After Work und Workshops. Am Sonntag 19. Februar stellen Direktor Meighörner, Kunsthistorikerin Claudia Mark und Restauratorin Laura Resenberg das Projekt um 11 Uhr im Ferdinandeum vor. Der Eintritt ist frei. Am Mittwoch 15. März, 11 Uhr, bettet die Führung „Der Altar von Schloss Tirol und andere Meisterwerke der Gotik“ dieses Juwel in die Schausammlungen ein. In den Sommerferien ist einen Workshop in Kooperation mit der Jungen Uni für Kinder und Jugendliche geplant.

Im Bild: Frontalansicht des geöffneten Altars

Foto: TLM