Die Invalidenrenten sollen nicht mehr an die Inflation angepasst werden, so Tageszeitung Online. Die Lebenshilfe wirft der Landesregierung schleichenden Sozialabbau vor.
Der Entwurf zum Omnibus-Gesetz, welcher im Herbst vom Landtag verabschiedet werden soll, sieht vor, dass die Invalidenrenten zukünftig nicht mehr an die Inflation angepasst werden sollen, „falls die Höhe der Leistungen des Landes über der vom Staat für die entsprechenden Leistungen vorgesehenen Höhe liegt“, so erklärte Martha Stocker.
Die Lebenshilfe lehnt die Streichung der Inflationsanpassung vehement ab. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass bei einem immer noch üppig ausgestatteten Landeshaushalt bei Menschen mit Beeinträchtigung der Sparstift angesetzt werden muss, die durchschnittlich sowieso zu den ärmeren gesellschaftlichen Kategorien zählen“, so der Präsident der Lebenshilfe, Hans Widmann.
Ebenso unverständlich ist die Begründung der Anpassung an staatliche Richtlinien.„Wir fragen uns, warum gerade hier auf die autonome Gesetzgebungsbefugnis des Landes verzichtet wird. Vergisst man im Sozialbereich bewusst die Diskussion um die Vollautonomie, weil es ins Sparkonzept passt?“, so Lebenshilfe-Geschäftsleiter Wolfgang Obwexer.
Die Lebenshilfe forderte außerdem, dass in das entsprechende Omnibus-Gesetz ein Artikel aufgenommen wird, dass das Land die Materie der Vergabe sozialer Dienste an private, nicht-gewinnorientierte Dienstleister autonom regeln wird.
Die Regelung soll unter Berücksichtigung der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt Ausschreibungen vermeiden (auch EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann hat dies in einem Schreiben bestätigt) und zu anderen, den Werten des Sozialbereichs entsprechenden Vergabemodalitäten führen.
In einer Aussendung schreibt die Lebenshilfe weiter: „Die Streichung des Landesbeirats für Soziales im Omnibus-Gesetz ist nicht zielführend, wenn nicht Alternativen zum zugegebenermaßen schwerfälligen Beirat angedacht und gesetzlich verankert werden. Es braucht verbindliche, effektive und flexible Mitbestimmungsinstrumente, die zusammen mit den privaten, nicht-gewinnorientierten Körperschaften und ihren Vertretungsorganisationen festzulegen sind. Die finanziellen Beiträge des Amtes für Menschen mit Behinderungen an die Lebenshilfe wurden für das heutige Jahr gekürzt. Auch hier bedarf es einer breit angelegten Mitsprachekultur, um bei ständig abnehmenden finanziellen Mitteln gemeinsam eine neue Ausrichtung der Sozialpolitik zu besprechen, die das private Sozialwesen auf Augenhöhe miteinbezieht. Ein erster Schritt wurde mit dem Treffen mit Landesrätin Martha Stocker in Kardaun gesetzt. Dabei wurden viele Anregungen eingebracht, die nun ernsthaft geprüft und auch umgesetzt werden müssen. Solange dies nicht erfolgt, sind Kürzungen bei den Beiträgen nicht hinnehmbar.
Die Lebenshilfe hat der neuen Landesregierung aufgrund erster Treffen viel Wertschätzung und Vertrauen entgegengebracht. In der Zwischenzeit müssen wir feststellen, dass in immer größeren Schritten offener und schleichender Sozialabbau stattfindet und andererseits keine erkennbaren sozialen Akzente gesetzt werden.“
Und was sagte Martha Stocker, die zuständige Landesrätin?
Martha Stocker bestätigte, dass der Inflationsausgleich bei Invalidenrenten künftig kein Automatismus mehr sein soll: „Die Invalidenrenten sind in Südtirol rund doppelt so hoch wie die staatlichen, weil es uns wichtig ist, die Betroffenen bestmöglich zu unterstützen, so Stocker.”
So werden in Südtirol Renten ausgezahlt, die jene des Staates um fast das Doppelte überstiegen.Wird der Passus vom Landtag verabschiedet, würde dies, laut Martha Stocker, keinerlei Kürzungen mit sich bringen: „Es wird nur die Möglichkeit geschaffen, Anpassungen gezielt vorzunehmen und nicht automatisch staatliche Erhöhungen übernehmen zu müssen”, so die Landesrätin. Stocker weist zudem darauf hin, dass in Südtirol die Absicherung von Invaliden bzw. Menschen mit Behinderung sehr gut sei. „Dies betrifft die Geldleistungen mit der fast doppelt so hohen Invalidenrente und dem Begleitgeld, das 13 anstatt zwölf Mal pro Jahr ausbezahlt wird”, so die Landesrätin. Zudem besteht allein in Südtirol bei Pflegebedarf ein Anrecht auf Pflegegeld. „Und nicht zuletzt gibt es ein vielfältiges Angebot an Diensten und Sachleistungen, das höchstem Betreuungsniveau entspricht”, so Stocker.