Dieser Abend bedarf nicht vieler Worte, so Tiroler Tageszeitung Online. Die Zuschauer- sowie Medienreaktionen sprechen eine absolut klare Sprache.
Während Conchita Wurst in ihrer Heimat Österreich immer noch heftig polarisiert und teils auch verschmäht wird, wird sie vom Rest Europas gefeiert wie eine ganz Große. Als „Königin von Österreich“ wurde sie gestern vom dänischen Moderatoren-Trio angekündigt. Ihr Auftritt war wahrlich königlich. Ohne viel Schnickschnack, dafür mit viel Leidenschaft schmetterte sie ihren Song „Rise Like A Phoenix“ hin. Begleitet wurde der Song nicht etwa durch Background- sondern Jubelgesängen aus dem Publikum. Am Ende wurde ihr Auftritt gar mit Standing-Ovations belohnt. In der Voting-Pause folgte ein Interview im Green Room, das uns der ORF aufgrund einer Werbepause vorenthielt. Auch hier rasteten die Zuschauer vor Ort völlig aus, in der Halle selbst konnte man sie kaum hören. Ein Geschenk von Moderatorin Lise Rønne gab es obendrauf: Eine CD mit dem Titel „The Wiener Takes It All“. Daran könnten wir uns gewöhnen.
Aber nicht nur vor Ort, sondern auch in Sozialen Netzwerken war die Euphorie zu spüren. Der deutsche Sänger Tim Bendzko, als Jury-Mitglied schon Eurovision-erprobt, twitterte nach Conchitas Auftritt: „Da gibt‘s keine zwei Meinungen… Österreich war gesanglich mit Abstand das Beste!“ Auch Sänger-Urgestein Boy George bekannte sich mit einem Tweet zu seinem Fan-Dasein: „Conchita Wurst! Ha! I love it“, postete er nach ihrem Auftritt. „Sprachlos“ war nur eines von vielen Adjektiven, die man gestern Abend im WWW mit Conchita Wurst in Verbindung bringen konnte.
Gegen 23 Uhr war dann aber auch die sonst so schlagfertige Conchita Wurst sprachlos; als letzte von zehn Kandidaten (zufällige Reihenfolge) schaffte sie den Sprung ins Finale. Zittern bis zum Schluss! Kurz vor Verkündung von Finalist Nummer zehn tönten laute „Austria“-Gesänge aus den Publikumsrängen. Als klar war, dass es tatsächlich Conchita war, die das letzte Finalticket lösen konnte, war abermals Kreischalarm angesagt.
Es ist das erste Mal seit 2011, sowie das zweite Mal seit 2004, dass Österreich der Finaleinzug geglückt ist. Aber wohl noch nie war ein Song-Contest-Auftritt der Alpenrepublik so umjubelt, wie jener von Conchita Wurst. Selten hat ein österreichischer Teilnehmer solch ein internationales Medienecho entfacht, wie im Fall der 25-Jährigen. Am heutigen Freitag ist sie das Covergirl beinahe aller Song-Contest-Artikel internationaler Medien. Der Stern ahndet sie sogar als Nachfolgerin von Udo Jürgens: „Mit Conchita Wurst könnte Österreich zum zweiten Mal den ESC gewinnen“, so heißt es dort. Unumstritten ist Conchita der Mittelpunkt jeder ESC-Berichterstattung. In den Wettbüros rangiert sie seit gestern Abend unter den Top vier und auch auf YouTube hat sie Armeniens Teilnehmer Aram MP3 vom Thron gestoßen: 3,6 Millionen Klicks für „Rise Like A Phoenix“ auf dem offiziellen Eurovision-Channel, absoluter Rekord!
Als Botschafterin für Toleranz hat sie die Herzen Europas im Sturm erobert. Morgen heißt es für die bärtige Lady noch einmal alles geben. Mit Startnummer elf geht sie ins Rennen und muss sie sich gegen 25 Konkurrenten durchsetzen. Dann könnte die „Königin von Österreich“ zur Kaiserin aufsteigen.