Ein vom Wirtschafts- und Finanzministerium veröffentlichtes internes Dokument vergleicht die Resultate der einzelnen Provinzen und Regionen mit den jeweils gesetzten Zielen im Kampf gegen Steuerhinterziehung, südtirolnews.
Für die erfolgsverwöhnte Provinz Bozen ist diese Bilanz allerdings sehr ernüchternd. Das bereits niedrig angesetzte Jahresziel von 27 Millionen Euro wurde gerade einmal zu 68,61 Prozent erreicht. Dieses bringt, was die in den Bereichen Wirtschaft und Lebensqualität stets vorbildliche Alpenprovinz in diesem Ranking anbelangt, sogar hinter Sizilien (72,90 Prozent) zurückfallen. Lediglich 18,50 Millionen Euro von den hierzulande hinterzogenen Steuern konnten vom Fiskus eingetrieben werden. Auch in den Vorjahren schnitt Bozen nicht besser ab.
Aufgrund einer Berechnung mit über 200 sozioökonomischen Variablen ist laut nationalem Finanzamt (Agenzia delle entrate) das Steuerflucht-Risiko in Südtirol deutlich geringer als in anderen Regionen. Unter anderem gerade wegen der guten wirtschaftliche Situation, sowie einer vergleichsweise guten Zahlungsmoral. Die Tatsache, dass der Staat die Südtiroler hier mit Samthandschuhen anfasst, spiegelt sich auch in der Anzahl der für die Finanzkontrolle zuständigen Mitarbeiter wieder. Während die Nachbarprovinz Trient mit beinahe identischer Fläche, Bevölkerungszahl und Reichtum ihr Ziel von 38 Millionen sogar übertraf, kann die Trentiner Agentur auf ganze 150 Mitarbeiter mehr zurückgreifen als der entsprechende Sitz in Bozen. Hier haben seit Jahren keine personellen Nachbesetzungen mehr stattgefunden.
Einige Gewerkschaftsvertreter vermuten daher, dass diese suspekte Ineffizienz der Bozner Steueragentur ein mit Absicht herbeigeführtes Szenario ist, welches der seit Jahren angepeilten Übernahme der Steuerhoheit in die Kompetenzen der Südtiroler Landesverwaltung eine praktische Rechtfertigung verleihen soll.