Südtiroler Landesregierung ist gewählt
Kompatschers Vorschlag für die Regierungsmannschaft erreicht im zweiten Wahlgang die nötige Mehrheit.
Entgegen manchen Meinungen mache er sich sehr wohl Gedanken über die Zukunft des Landes, antwortete LH Arno Kompatscher in seiner Replik. Die Reform des Statuts werde neue Kompetenzen fürs Land bringen. Man wolle etwas erreichen, nicht nur Absichtserklärungen abgeben: “Wir sind Kämpfer, aber keine Schreier.” Ein Schreiduell mit Vespa wäre auch nicht von Nutzen gewesen. Ein Vergleich mit anderen Regionen hinke, es sei eben nicht eine Territorialautonomie, sondern eine Autonomie zum Schutz der Minderheiten, wobei eine solche Autonomie auch Vorteile für das gesamte Staatsgefüge bringen könne. Dies werde er zusammen mit dem Trentiner Landeshauptmann Rossi auch Regionenminister Delrio beim Treffen am 28. Jänner sagen.
Kompatscher ging in seiner Replik auch auf einzelne Einwände der Abgeordnete ein. So stellte er klar, dass die Zuständigkeit für internationale Kooperation beim Landeshauptmann bleibe. Er verteidigte auch die Bindung gewisser Leistungen für Einwanderer an den Besuch von Sprachkursen, dies könne man auch auf andere Sektoren ausdehnen. Bei den Wasserkonzessionen gebe es die Möglichkeit, eventuelle Schadenersatzforderungen zu vermeiden. Gegen den sog. Ausverkauf der Heimat plane man konkrete Maßnahmen und setze dabei auch auf die Mithilfe der Bevölkerung. Die Spending Review bleibe Zielsetzung, dazu halte er einen Sonderausschuss des Landtags weiterhin für die beste Lösung. Es sei schade, dass man dies im Vorfeld bereits abgelehnt habe, aber das Angebot stehe nach wie vor. Die Mittelstandspolitik sei sehr wohl im Programm enthalten, nicht durch Steuererleichterungen, sondern durch mehr Freiraum. Dass die Arbeitsplätze durch den demographischen Wandel weniger würden, könne sein, man müsse aber danach trachten, hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen. Mit der neuen Kompetenz für die Kommunalsteuern werde man versuchen, Rechtssicherheit und Gerechtigkeit zu schaffen. Der Flughafen könne eine nützliche Struktur sein, dafür brauche es ein tragbares Konzept. Die Gefahr einer Beamtenregierung sehe er nicht, man müsse aber den Beamten mehr Verantwortung geben. Die Autonomie bestehe nicht nur aus Geld, aber Geld gehöre dazu. Man wolle weiter in die Autonomie investieren, politisch und auch kommunikativ.
Es gebe durchaus das Problem der falschen Alleinerziehenden, mehr Kontrollen seien denkbar, aber zum Polizeistaat wolle man nicht werden. Zu den Kosten der Politik meinte Kompatscher, der Wille zur Einsparung sei da. Die Landesregierung werde bei den Repräsentationsfonds sparen, aber man sollte das eingesparte Geld nicht wieder anderswo ausgeben, etwa bei den Fraktionsgeldern. Eine Finanzierung der politischen Arbeit sei aber notwendig. Das Gesetz zur Bürgerbeteiligung sei noch neu, man könne über die Einstiegshürden aber durchaus noch reden. Beim Regierungsprogramm sollte man mehr auf die Substanz als auf die Form schauen. Er sehe jedenfalls Bildung in erster Linie als Schlüssel zur Selbstentfaltung, aber sie sei auch der Schlüssel zur Arbeitswelt. Bei der Gesundheitspolitik stehe der Mensch im Mittelpunkt, aber dieses Prinzip müsse man mit den gegebenen Strukturen umsetzen.
Die Europaregion sei ihm ein großes Anliegen, daher habe er sich auch zuerst mit den beiden Landeshauptleuten Platter und Rossi getroffen. Nächster konkreter Punkt werde ein einheitliches Verrechnungsnetz für den öffentlichen Verkehr in den drei Ländern sein. Der ländliche Raum sei auch ein Schwerpunktthema, aber die landwirtschaftliche Bildung gehöre zum Bildungsbereich.
Kompatscher stellte klar, dass ihn im Verhinderungsfalle der erste Stellvertreter vertreten werde, aber es seien in der Vergangenheit auch andere Landesräte von Fall zu Fall delegiert worden. Zu seinem Arbeitspensum meinte er, er stehe immer zur Verfügung, möchte sich aber wenn möglich den Sonntag frei halten. Er habe viele Ressorts übernommen, aber auch einige abgegeben, die sein Vorgänger hatte.
Er wisse den Wert der Jugend und des Ausgleichs zwischen den Generationen zu schätzen, erklärte Kompatscher, seine Arbeit solle ja hauptsächlich den kommenden Generationen zugutekommen. Beim Thema Landwirtschaft sei Sozialneid zu vermeiden, man müsse nach dem Kriterium der Gerechtigkeit vorgehen und insbesondere die Berglandwirtschaft unterstützen.
Eine Direktwahl des Landeshauptmanns sei in Südtirol schwierig, da sie im Widerspruch zu einer ausgeglichenen Vertretung der Sprachgruppen sein könnte.
Kompatscher dankte schließlich für die Beiträge zur Debatte, die er als sachlich bezeichnete. Er hoffe auf eine gute Zusammenarbeit.
Anschließend erinnerte Präsidentin Martha Stocker nochmals an die Abstimmungsregeln: diese erfolgt offen und es braucht die absolute Mehrheit.
Bei der ersten Abstimmung lautete das Ergebnis: 17 Ja, 16 Nein – zu wenig für die absolute Mehrheit.
Eine technische Panne, erklärte Präsidentin Stocker. Er habe seine Abstimmungskarte zu spät eingesteckt, informierte Arnold Schuler das Plenum.
Gegen eine Wiederholung der Abstimmung plädierte Sven Knoll, dies sei von der Geschäftsordnung nicht vorgesehen. Der Meinung waren auch Pius Leitner und Alessandro Urzì.
Die Geschäftsordnung sehe eine Wiederholung der Abstimmung weder vor, noch verbiete sie sie, erklärte Präsidentin Martha Stocker und berief eine Sitzung der Fraktionssprecher ein, um über das weitere Vorgehen zu beraten.
Daran anschließend erklärte Alessandro Urzì, dass es sich für ihn nicht nur um eine Panne handle, sondern um einen politischen Fakt.
Thomas Widmann erklärte, auch ihm sei bei der Abstimmung eine Panne passiert. Seine Stimmabgabe habe nicht funktioniert, was auch von seinen Banknachbarn bemerkt worden sei. Er schlug vor, vor dem nächsten Wahlgang eine Testabstimmung zu machen. Die Abstimmung wurde ohne Test durchgeführt.
Im zweiten Wahlgang stimmten 19 Abgeordnete für den Regierungsvorschlag, 16 dagegen. Die Landesregierung ist somit gewählt.
Präsidentin Martha Stocker wies darauf hin, dass drei Mitglieder der neuen Landesregierung derzeit im Landtagspräsidium sitzen (Stocker, Theiner, Schuler) und dass deshalb eine Neubesetzung dieser Ämter notwendig ist. Den Vorsitz übernahm anschließend Vizepräsident Roberto Bizzo. Er rief zur Wahl des Landtagspräsidenten und bat um Vorschläge.
Auf die Bitte Pius Leitners um Unterbrechung der Sitzung für eine Beratung innerhalb der Opposition, schloss Bizzo die Sitzung um 17.30 Uhr.