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Fehlurteil der Justiz „mutmaßlicher Pädophiler bekommt Schadensersatz“

3 Agosto 2014

Fehlurteil der Justiz „mutmaßlicher Pädophiler bekommt Schadensersatz“

Der 65-jährige Franz Heidenberger, der neun Monate lang im Gefängnis saß, weil er angeblich Minderjährige zur Prostitution verführt hat, erhielt nun nach einem erbitterten Kampf mit der Justiz einen beachtlichen Schadensersatz vom Kassationsgericht zugesprochen, so südtirolnews.

Der Staat muss ihm die Summe von 56.601,27 Euro zahlen, so berichtete die Tageszeitung Alto Adige.  Eigentlich hätte der Angeklagte niemals in Untersuchungshaft gebracht werden dürfen.
Die ursprünglichen Ereignisse fanden im Jahr 2010 statt, als den Carabinieri vier Männer wegen mutmaßlicher Pädophilie ins Netz gingen. Ihnen wurde vorgeworfen, vor den Schulen von Brixen Buben im Alter zwischen elf und 17 Jahren angesprochen zu haben. Zu den Verdächtigen zählte auch Heidenberger.
Ihm wurde Verführung von Minderjährigen zur Prostitution vorgeworfen.
Eine schwerwiegende Anschuldigung, die er allerdings von Anfang an seit der ersten Anhörung vor dem Untersuchungsrichter vehement bestritt. Der Rentner gab zwar zu, dass er sich mit jungen Männern zum Sex getroffen und auch dafür bezahlt hat. Allerdings erklärte er, dass er nicht gewusst hat, dass es sich um Minderjährige handelt. Außerdem wies er den Vorwurf zurück, dass er jemals einen Minderjährigen zur Prostitution angestiftet hat.

Seine Behauptungen wurden im Zuge der weiteren Ermittlungen nun bestätigt. Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs wurde Heidenberger zu einem Jahr und vier Monaten Haft verurteilt, allerdings aus einem anderen Grund als ursprünglich vorgesehen.
Die Staatsanwaltschaft selbst hat im Zuge des Verfahrens die Anklage entschärft und Vorwürfe erhoben, bei denen eine Untersuchungshaft eigentlich nicht zulässig ist. Die erschwerenden Umstände der Vorwürfe waren weggefallen.
Heidenberger hat stets betont, niemals Minderjährige zur Prostitution angestiftet zu haben. Nach drei Rekursen beim Kassationsgericht behielt er nun definitiv recht. Laut Alto Adige war die ursprüngliche Anklage zudem unpräzise und widersprüchlich formuliert. Entscheidend für den 65-Jährigen war der Umstand, dass die Ermittler nicht nachweisen konnten, dass einer der involvierten Jugendlichen jünger als 16 Jahre alt war.
Demnach muss er nun vom Staat wegen rechtswidriger Haft entschädigt werden. Das Berufungsgericht versuchte zweimal, die Verantwortung der Justiz zu schmälern, indem es darauf verwies, der Mann ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das die Richter in die Irre geführt hätte. Der Mann hätte sich ständig mit Minderjährigen umgeben. Das Kassationsgericht verlangt jedoch vollen Schadensersatz.

In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten, so lautet das Credo der Justiz. Dennoch kommt es immer wieder zu Fehlurteilen: Unschuldige werden inhaftiert, während der Täter sein Leben weiter in Freiheit verbringt. Die finanzielle Haftentschädigung kann die Schmach und den Ansehensverlust nicht aufwiegen.

Hunderte Menschen kommen jedes Jahr für Taten in Haft, die sie nicht begangen haben. Doch Hilfe können sie nach ihrer Freilassung nicht erwarten. Für das oft zerstörte Leben der Justizopfer hat der Staat nur einen geringen Schadenersatz pro Gefängnistag übrig und viele bürokratische Schikanen.